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Gericht Polizistin rettet sich mit Sprung

Nötigung wurde einem 38-Jährigen vor dem Amtsgericht Stendal vorgeworfen. Das Verfahren wurde eingestellt.

Von Wolfgang Biermann 26.06.2019, 23:01

Stendal l Mit aufheulendem Motor auf eine 29-jährige Polizeibeamtin zugefahren zu sein, so dass sie sich nur mit einem Sprung zur Seite retten konnte, wurde einem Stendaler zur Last gelegt. Kürzlich stand der bislang nicht vorbestrafte 38-Jährige wegen Nötigung im Straßenverkehr vor dem Amtsgericht.

Anscheinend war eine Verkehrskontrolle völlig aus dem Ruder gelaufen. Und auch der Prozess nahm einen recht ungewohnten Verlauf, Fortsetzungstermine und erforderliche Gutachten kamen ins Spiel. Erst nach Anhörung von zwei Polizeibeamten als Zeugen und einem nichtöffentlich geführten Rechtsgespräch zwischen Verteidiger, Staatsanwältin und Gericht löste sich der gordische Knoten. Das Verfahren wurde einvernehmlich eingestellt. Das Strafregister des Angeklagten bleibt sauber, er muss er aber Nettomonatseinkommen, 3000 Euro, ans Stendaler Tierheim zahlen.

Zum Hergang: Am Vormittag des 10. Januar dieses Jahres befuhr der Angeklagte mit seinem Pkw den Mini-Kreisel in der Stendaler Scharnhorststraße, um in die Moltkestraße abzubiegen. In der Fichtestraße stand ein Streifenwagen. Die Besatzung, eine Beamtin und ein Polizeianwärter, beobachtete das Verkehrsgeschehen.

Sie bemerkten, dass der Angeklagte nicht angeschnallt war. Sie verfolgten den Gurtmuffel und schalteten am Polizeiauto das spiegelverkehrte Schriftband „Stopp Polizei“ ein, dass der Angeklagte im Rückspiegel lesen konnte. Er hielt an. Um den fließenden Verkehr nicht zu behindern, überholte der Streifenwagen, fuhr in eine Nebenstraße und bedeutete dem Angeklagten, ihm zu folgen.

Das tat der 38-Jährige mit seinem Pkw auch, aber nur teilweise. Er blieb an der Einmündung, laut Aussage der Polizisten den gesamten Verkehr behindernd, auf dem kombinierten Fuß- und Radweg stehen. Er gab an, es sei so eng gewesen, dass er nicht hätte einfahren können. Erst als ihm die Beamten eindeutige Zeichen gaben, sei er los gefahren.

Wie, darüber schieden sich die Geister. Der Angeklagte behauptete, ihm sei es nicht bewusst gewesen, dass der Motor aufheulte. Schon gar nicht hätte er die Absicht gehabt, die Beamtin umzufahren. Anders die Polizeibeamten. „Wenn sie nicht weggesprungen wäre, hätte er sie umgefahren“, bestätigte der 21-jährige Polizeischüler die Aussage seiner Streifenführerin.

Anscheinend reihte sich Missverständnis an Missverständnis, die Sache eskalierte schließlich. Dass sich der Angeklagte der Kontrolle nicht durch Flucht entziehen wollte, darüber herrschte Einigkeit. „Er wusste einfach nicht, was er machen soll“, so sein Verteidiger. Von Arroganz auf der einen und angeblich herablassender Behandlung auf der anderen Seite war von den Beteiligten die Rede.