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Gericht Renter begrabscht 14-Jährige

Das Landgericht Stendal hat einen 70-Jährigen verurteilt, der die Schulfreundin seiner Tochter sexuell belästigt hat.

Von Wolfgang Biermann 02.09.2020, 23:01

Stendal l Das Landgericht Stendal hatte gestern einen Fall von sexueller Belästigung auf dem Terminplan. Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler hat unerwartet schon am Ende des ersten von vier angesetzten Verhandlungstagen das Urteil gesprochen und einen 70-jährigen Familienvater zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt.

Die Kammer sah es nach dem Geständnis des Angeklagten als erwiesen an, dass er in einem Supermarkt im Wohngebiet Stadtsee an drei Tagen im August und September vorigen Jahres eine dort als Praktikantin tätige 14-Jährige gegen ihren Willen an Gesäß, Brust und im Intimbereich begrabscht hat. Er wisse nicht, was ihm dabei in den Kopf gekommen sei, ließ er seine Verteidigerin sagen. „Ich weiß nicht, was mit mir los war“, so seine eigenen Worte.

Das Mädchen, dem er damit eine Aussage vor Gericht ersparte, ist eine Schulfreundin seiner Tochter. Daher wusste er auch, dass sie immer mittwochs ein Praktikum im Supermarkt absolviert. Dort bedrängte er die heute 15-Jährige in mehreren Abteilungen. Sie hatte Strafanzeige erstattet.

Ein Kripobeamter sagte als Zeuge aus, dass der 70-Jährige bei der Vernehmung die Taten zunächst bestritten hatte. Nun verfügt der Markt aber über eine Videoanlage mit mehreren Überwachungskameras. Die hatten zumindest eine der Taten festgehalten. Als der Angeklagte mit dem Video konfrontiert wurde, sei er quasi zusammengebrochen und habe unter Tränen ein umfassendes Geständnis abgelegt, berichtete der Vernehmungsbeamte. Er sagte weiter aus, dass der Angeklagte nach eigener Aussage das Mädchen außerdem zum Baden eingeladen und dafür Geld geboten habe.

Nach Auskunft von Gerichtssprecher Michael Steenbuck handelt es sich beim Tatbestand der sexuellen Belästigung um einen relativ neuen Tatbestand, der erst Ende 2016 im Strafgesetzbuch verankert wurde. Darauf steht im Regelfall Gefängnis bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Richter Galler sprach in der Urteilsbegründung von einem Sonderweg des Gesetzgebers. Damit würden Straftaten unterhalb der Schwelle zum sexuellen Missbrauch geahndet. Solle heißen: „Jeder sexuelle Übergriff ist zu unterlassen, auch wenn er in der Intensität im unteren Bereich der Kriminalität angesiedelt ist.“ Galler wertete das Geständnis als stärksten Strafminderungsfaktor, weil er dem in der Pubertät befindlichen Opfer die gerichtliche Aussage erspart hat.

Ursprünglich waren die Taten am Amtsgericht angeklagt, von dort aber an das Landgericht abgegeben worden. Das Urteil, mit dem das Gericht weitgehend der Staatsanwaltschaft folgte, ist noch nicht rechtskräftig. Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.