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Gericht „Sprungrevision“ nach Betrugsurteil

Nach dem Urteil des Amtgerichts Stendal in einem Betrugsfall um Solaranlagen kam es zu einer überraschenden Wendung.

Von Wolfgang Biermann 04.05.2018, 23:01

Stendal l Im Fall der beiden vom Stendaler Amtsgericht wegen Betruges im Zusammenhang mit Solarenergieanlagen (Gesamtschaden 220?000 Euro) zu längeren Haftstrafen verurteilten vielfach vorbestraften Männer ist eine überraschende Wende eingetreten.
Wie berichtet hatte das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Petra Ludwig am 22. Februar einen gebürtigen Tangermünder (61) und einen mitangeklagten gebürtigen Stendaler (49), beide in Havelberg gemeldet, wegen Betruges in elf Fällen, zu je dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem sollten sie insgesamt 34?500 Euro Schadenersatz an elf Geschädigte ihrer Betrügereien zahlen.
Gegen das Urteil hatten die Angeklagten innerhalb der gesetzlichen Wochenfrist Rechtsmittel eingelegt, diese aber nicht als Berufung oder Revision deklariert. Das müsse man zunächst auch nicht, hieß es dazu auf Nachfrage von Gerichtssprecher Michael Steenbuck. Man könne das später entscheiden.
Dementsprechend war man am Landgericht von einer Berufung als Regelfall ausgegangen. Nach Auskunft des Gerichtssprechers waren bereits eine Akte dafür angelegt und Vorbereitungen für das Berufungsverfahren getroffen worden. Doch es kam anders.
Kurz vor dem Ablauf der Einmonatsfrist nach Zustellung des komplett abgefassten Urteils traf nach Informationen der Volksstimme eine Revisionsbegründung ein. Soll heißen, das Rechtsmittel der beiden Angeklagten ist jetzt eine Revision – konkret eine sogenannte Sprungrevision.
Damit werde das Landgericht als eigentlich nächste Instanz übersprungen und entscheide jetzt das Oberlandesgericht (OLG) in Naumburg, sagte Steenbuck. Das OLG sei aber keine sogenannte Tatsacheninstanz, wie Amts- und Landgericht. Es befasse sich daher nicht mit der Sache selbst und trete auch nicht wie die Vorinstanz in die Beweisaufnahme ein.
Die Naumburger Richter überprüfen demnach nur, ob das Amtsgericht beim Prozess rechtlich alles richtig gemacht hat. Aus der Revisionsbegründung der Angeklagten müsse hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm angefochten wird.
Habe die Revision Erfolg, werde das Urteil aufgehoben und das Verfahren an ein anderes Schöffengericht am Amtsgericht zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Allerdings berge eine Sprungrevison die Gefahr, dass der Schuss förmlich nach hinten losgeht. Denn nach Ablehnung der Revision durch das OLG sei „das Ende der Fahnenstange erreicht“. Ein Rechtsmittel dagegen gebe es dann nämlich nicht mehr.
Bleibt also abzuwarten, wie das OLG entscheiden wird. Eine Frist zur Entscheidung durch die Naumburger Richter gebe es nicht, so der Gerichtssprecher.