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Gericht Stiefkinder des Bruders missbraucht

Das Landgericht Stendal hat einen Mann aus Havelberg wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt.

Von Mike Kahnert 16.02.2021, 08:00

Stendal/Havelberg l Ein 21-jähriger Havelberger hat die beiden Stiefkinder seines Bruders sexuell missbraucht. Dafür hat das Landgericht Stendal ihn gestern zu zehn Monaten Haft auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Was ist passiert?

Zwischen Weihnachten und Silvester 2019 besuchte der Bruder mitsamt Verlobter das Elternhaus der Familie in Havelberg, wo der Angeklagte noch bei seiner Mutter wohnt. Mit dabei waren die damals 6-jährige Tochter und der 8-jährige Sohn.

Der Junge wollte etwas am Computer des Angeklagten spielen. Dieser nahm den 8-Jährigen dabei auf seinen Schoß. In drei Fällen hat der 21-Jährige den Jungen unter der Hose am Geschlechtsteil berührt. Bei dem Mädchen in einem Fall.

Die Taten hat der Havelberger und gelernte Lagerist selbst zur Anzeige gebracht und bei der Polizei gestanden. Vor Gericht hat der 21-Jährige auf Nachfrage von Richter Ulrich Galler nochmal bestätigt, was passiert ist. Zudem hat sich der Havelberger nach eigener Aussage freiwillig in Therapie begeben. Während der Therapie hat er unter anderem einen Test durchgeführt, der feststellen sollte, was seine sexuellen Neigungen sind. Demzufolge fühle sich der Angeklagte nicht zu Kindern hingezogen, sondern zu „erwachsenen Frauen“, sagte er.

Die Frage, die nun im Raum stand, war, ob der junge Mann noch nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden soll. Die Frau von der Jugendgerichtshilfe hat das empfohlen. Sie begründete dies damit, dass der 21-Jährige eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter hat, er nie viele Freunde hatte und als sein Vater und seine Brüder für Arbeit oder Studium ins Ausland gingen, für ihn eine Welt zusammenbrach. Die Verteidigung fügte später hinzu, dass sein Mandant zwischen vier und neun Stunden täglich am Computer spielt und er noch nicht eigenständig für sich sorgen könne.

Diese Argumente reichten Ulrich Galler nicht. Mit einem Schulabschluss, einer Ausbildung, Führerschein und der Einsicht, freiwillig eine Therapie zu beginnen, sah der Richter keine Entwicklungsstörung bei dem Angeklagten.

Im Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft zehn Monate Haft, für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Dem Schloss sich das Gericht in seinem Urteil an. Das Geständnis, die freiwillige Therapie und sichtbare Reue im Gericht würden für den Angeklagten sprechen, so Ulrich Galler. Von einer Geldauflage sah er ab, um das Familiengefüge nicht weiter zu beeinflussen, welches bereits sehr angespannt zu sein scheint. Das Gericht vertraut darauf, dass die Tat des Havelbergers einmalig war.