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Gerichts-Odyssee Fünf-Euro-Schwarzfahrt beschäftigt Justiz

Ein 35-jähriger erschien mehrfach nicht vor Gericht für seine Verhandlung zu einer Zugfahrt ohne Fahrschein.

Von Wolfgang Biermann 31.08.2019, 23:01

Stendal l Seit über einem Jahr beschäftigt die mutmaßliche Schwarzfahrt eines 35-Jährigen aus Tangerhütte mit der Bahn im Wert von etwa fünf Euro die Justiz in Sachsen-Anhalt.

Die Odyssee begann am Amtsgericht Stendal und ging, unter vorläufiger Umgehung des Landgerichts Stendal, zum Oberlandesgericht (OLG) Naumburg, das den Fall an das Landgericht zurückverwies. In dieser Woche hat das Landgericht nun die Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts vom 18. September vorigen Jahres mit Ausspruch einer 500 Euro-Geldstrafe verworfen, weil der 35-Jährige als Berufungsführer vor dem Landgericht unentschuldigt fehlte.

Seit 2017 berichtete die Volksstimme immer wieder über ihn. Zumeist ging es dabei um notorisches Fahren ohne Fahrerlaubnis, noch dazu mit unversichertem Auto. Eine deshalb vom Amtsgericht Ende 2017 verhängte halbjährige Haftstrafe ohne Bewährung setzte das Landgericht im März dieses Jahres nochmals zur Bewährung aus.

Zum Werdegang der aktuellen Strafsache: Am 19. April vorigen Jahres soll der Angeklagte ohne gültigen Fahrschein die S-Bahn von Stendal nach Tangerhütte benutzt haben. Wegen des Erschleichens von Leistungen, so der offizielle Straftatbestand, erließ das Amtsgericht einen schriftlichen Strafbefehl mit vorgenannter Geldstrafe.

Dagegen legte der Angeklagte Einspruch ein, der am 18. September 2018 verhandelt werden sollte. Der Angeklagte erschien aber nicht. Eine Entschuldigung kam nicht, zumindest nicht rechtzeitig.

Deshalb verwarf das Amtsgericht den Einspruch. Dagegen legte der Angeklagte erneut Rechtsmittel ein. Da er es als Revision bezeichnete, landete diese bei der dafür zuständigen Instanz: beim OLG Naumburg.

Die Richter dort beschäftigten sich wohl damit, verwiesen es aber als Berufung an das dafür zuständige Landgericht Stendal. Das sollte jetzt über die sogenannte Wiedereinsetzung in den früheren Stand entscheiden.

Für den Fall, dass der Angeklagte am 18. September 2018 tatsächlich ohne Verschulden an der Teilnahme am Amtsgerichtsprozess verhindert war, hätte die Berufungskammer den Fall zur – erstmaligen – Verhandlung an das Amtsgericht verwiesen. Der Amtsrichter und eine Protokollantin sollten als Zeugen vor dem Landgericht aussagen.

Doch dazu kam es nicht, weil der Angeklagte nicht kam. Und so verwarf die 10. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Gundolf Rüge auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Berufung.

Ein Ende ist damit in Sicht. Doch ein Hintertürchen bleibt: Der Angeklagte kann nämlich auch dagegen innerhalb einer Woche noch Rechtsmittel einlegen, wodurch die Sache dann erneut beim OLG landen könnte.