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Gerichtsprozess Wegen Frittierfett vor Gericht

Weil ein Mitarbeiter einer Stendaler Entsorgungsfirma altes Frittierfett entwendet haben soll, wurde er vom Konkurrenten angezeigt.

Von Wolfgang Biermann 22.08.2018, 15:29

Stendal l Der Konkurrenzkampf unter Entsorgern scheint hart zu sein, auch wenn es um Speisereste geht. So hat ein Unternehmen, das zu den ganz großen im Abfallgeschäft gehört, den Mitarbeiter eines anderen, kaum minder großen Unternehmens wegen Diebstahl von 70 Litern gebrauchten Frittierfetts, das in einer Tonne vor einer Stendaler Gaststätte stand, angezeigt.

Den Wert des Altfetts bezifferte die Anklage der Staatsanwaltschaft Stendal mit 56 Euro. Gegen Zahlung von 50 Euro an das Stendaler Tierheim wurde das Verfahren in dieser Woche vor dem Amtsgericht in Stendal eingestellt.

Das Ganze klang nicht unkompliziert. Längst kamen wohl nicht alle Dinge vor Strafrichterin Petra Ludwig aufs Tapet. Laut Anklage nahm der 63-jährige Angeklagte aus dem Jerichower Land am Morgen des 22. Februar vorigen Jahres besagte grüne Tonne, die vor einem Speiselokal im Süden der Hansestadt stand, an den Haken eines Ladekrans und entleerte sie in den Tank des von ihm genutzten Lkw.

Die Staatsanwaltschaft erhob keine Anklage, sondern beantragte beim Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls über eine in der Höhe unbekannt gebliebene Geldstrafe gegen den 63-Jährigen, weil er das Fett privat für sich verwendet haben soll.

Dagegen legte der Angeklagte Einspruch ein, so dass es zum Prozess kam, zu dem auch Zeugen geladen waren. Unter anderem der Mitarbeiter des Konkurrenzunternehmens, der Fotos vom Diebstahl gemacht hatte. Offenbar hatte das mit der Entsorgung beauftragte Konkurrenzunternehmen den Angeklagten schon länger im Visier. Mitarbeiter jener Firma hatten ihn wohl verfolgt und den Diebstahl der 70 Liter in Stendal im Bild festgehalten.

Dazu muss man wissen, dass aus dem Altöl Bio-Diesel gewonnen wird. Das Geschäft mit gebrauchten Speisefetten scheint äußerst lukrativ zu sein, denn sonst hätte es wohl kaum eine Anzeige wegen 56 Euro gegeben. Das sei alles ein großer Irrtum, sagte der Angeklagte. Er sei nur Beifahrer auf dem Firmen-Lkw seines damaligen Arbeitgebers gewesen. Verantwortung für die Mitnahme des Altfetts in Stendal hätte der Fahrer getragen, nicht er. Schon gar nicht hätte er das Altfett für sich privat verwendet.

Die Staatsanwältin schlug die Einstellung des Verfahrens „wegen etwaiger geringfügiger Schuld“ gegen Zahlung von 50 Euro ans Tierheim vor. Zunächst konnten sich der Angeklagte und sein Verteidiger nicht mit dem Vorschlag anfreunden, stimmten schließlich aber doch zu, weil Gericht und Staatsanwältin eine mögliche Verurteilung wegen Beihilfe in Aussicht stellten. Zivilrechtlich scheint die Sache laut Angabe des Verteidigers noch nicht ausgestanden zu sein. Er hätte deshalb lieber einen Freispruch gehabt.