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Gerichtsurteil Unternehmer muss hohe Strafe zahlen

Ein Bauunternehmer in der Altmark für Beschäftigung von Scheinselbstständigen verurteilt. Die Geldstrafe beläuft sich auf 42 000 Euro.

Von Wolfgang Biermann 07.12.2020, 05:00

Stendal l Mit einer ungewöhnlich hohen Geldstrafe von 42 000 Euro endete ein Prozess um Vorenthalten von Arbeitsentgelt durch einen Bauunternehmer der Altmark. Wobei die Strafsumme von 120 Tagessätzen zu je 350 Euro nur einem Dreißigstel seines Monatsnettoeinkommens entspricht.

Das Schöffengericht am Amtsgericht Stendal sah es am dritten Prozesstag als erwiesen an, dass der Unternehmer von Januar 2014 bis November 2017 rund 240 000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen durch die Beschäftigung von Scheinselbstständigen nicht abgeführt hat. Demzufolge schuldet der Bauunternehmer den Kassen auch noch die nicht gezahlten 240 000 Euro. Dem Gesetz nach sei der Arbeitgeber alleiniger Schuldner.

Mit dem Urteil blieb das Gericht weit unter der Forderung der Stendaler Staatsanwaltschaft. Diese hatte auf 300 Tagessätze, also 105 000 Euro Geldstrafe, plädiert. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Die Anklage war von einer Schadenssumme von rund 301 000 Euro ausgegangen. Die errechnete sich aus nicht abgeführten Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen für Kranken-, Pflege- und Rentenkassen.

Sieben Männer hatten laut Anklage im Zeitraum von fast vier Jahren als angebliche Subunternehmer für den angeklagten Unternehmer Arbeiten im Baugewerbe ausgeführt. Tatsächlich seien sie aber vom Angeklagten abhängig und in den täglichen Arbeitsablauf wie Arbeitnehmer eingebunden gewesen. Sie hätten zusammen mit Festangestellten seine Fahrzeuge und Unterkünfte bei auswärtigen Baustellen genutzt und wie diese einheitliche Dienstkleidung getragen. Zum Teil handelte es sich bei den angeblich Selbstständigen um einstige Festangestellte.

223 Einzelstraftaten wurden dem Unternehmer zur Last gelegt. Sie waren zusammen mit dem Zoll, etlichen Krankenkassen und der gesetzlichen Rentenversicherung ermittelt worden. Im Prozessverlauf kam es zu Reduzierungen, so dass das Gericht letztlich nicht 301 000 Euro, sondern 240 000 Euro als erwiesenen Schaden ansah.

Bei Unsicherheiten bezüglich von Scheinselbstständigkeit hätte sich der Unternehmer an eine „Clearingstelle“ wenden können, hieß es. Dieser beharrte aber darauf, dass die fraglichen Beschäftigten allesamt als Subunternehmer selbstständig waren. Sie seien wohl in die Arbeitsabläufe integriert gewesen, aber nur, wenn sie Zeit dafür gehabt hätten: „Sie hatten auch noch andere Auftraggeber.“

Das sahen Staatsanwaltschaft und Gericht aber anders. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Mit Berufung, sowohl vom Angeklagten als auch von der Staatsanwaltschaft, ist zu rechnen. Dem Gesetz nach ist das Vorenthalten von Arbeitsentgelt mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht.