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Gerichtsurteil Zwei Jahre Haft für Bombendroher

Zwei Jahre Haft verhängte das Landgericht Stendal für einen 34-jährigen Bombendroher.

Von Wolfgang Biermann 31.07.2018, 23:01

Stendal l „Dankeschön und Tschüss“, mit diesen, in mehreren Sprachen wiederholten Worten verließ gestern ein gerade wegen zweifacher Bombendrohung und Körperverletzung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilter Patient des Maßregelvollzugs den Gerichtssaal 108 des Landgerichts Stendal. Die 1. Große Strafkammer hat für den 34-Jährigen, der sich seit 2003 im Maßregelvollzug Uchtspringe befindet, zudem – wie von der Staatsanwaltschaft beantragt – die Fortdauer der Unterbringung in der geschlossenen Abteilung des psychiatrischen Landeskrankenhauses angeordnet.

Aus eben diesem heraus hat der vielfach vorbestrafte gebürtige Hallenser an zwei Tagen insgesamt fünf Telefonanrufe getätigt und mit der Explosion einer Bombe im Landgericht Stendal am 13. Dezember und am 23. Dezember 2016 in weiteren Gerichten gedroht. Außerdem hat er im Oktober 2016 in der Justizvollzugsanstalt Burg zwei Justizbedienstete mit Faustschlägen traktiert, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb.

In Burg verbüßte er eine vom Landgericht Stendal 2013 verhängte dreieinhalbjährige Haftstrafe, weil er 2011 einen Maßregelinsassen gewürgt und geschlagen hat. Nach seiner Rückverlegung in den Maßregelvollzug, wo er sich seit nunmehr elf Monaten in Isolation befindet, hat er im Februar 2017 einem Pfleger plötzlich zwei Faustschläge an den Kopf verpasst und ihn mit einem Stuhl attackiert. Am 3. August vorigen Jahres versetzte der etwa 1,90 Meter große und schwergewichtige Angeklagte dem Chefarzt der Psychiatrie urplötzlich mehrere Faustschläge gegen den Kopf.

Nebenher war zu erfahren, dass der seit dem frühen Kindesalter verhaltensauffällige und in Heimen großgewordene Sohn einer Alkoholikerin im Maßregelvollzug randaliert, sich verbarrikadiert und damit einen SEK-Einsatz ausgelöst hatte. „Das stimmt alles“, hatte der 34-Jährige nach Verlesung der Anklage gesagt und sich entschuldigt. Er hätte keine Alternative gesehen: „Mir hört sonst keiner zu.“ Er wolle „heimatnah“ verlegt werden, gab er als Motivation an. Zur Bombendrohung sei er von einem Mitpatienten angestiftet worden. Mit dem hätte er als Raucher um Tabak gewettet – und gewonnen.

Gerichtspsychiater Dr. Frank M. Wegener attestierte dem Angeklagten eine „besonders ausgeprägte dissoziale Persönlichkeitsstörung, leichte Intelligenzminderung, geringe Frustrationstoleranz, ausgeprägte Sprunghaftigkeit“, gepaart mit „massiven Stimmungsschwankungen bei Wunschversagung“. Von ihm gehe eine Gefahr für die Allgemeinheit aus. Schwere Straftaten drohten, wenn der Angeklagte nicht im Maßregelvollzug bliebe.

Daraufhin wollte die Verteidigerin ein Zweitgutachten, der Prozess drohte zu platzen. Doch die Kammer unter Vorsitz von Richterin Simone Henze-von-Staden wies den Antrag gestern zurück. In ihrem Plädoyer verzichtete die Verteidigerin auf ein konkretes Strafmaß, forderte nur: „Keine Maßregel.“

Das Urteil, mit dem das Gericht im vollen Umfang der Staatsanwaltschaft folgte, ist nicht rechtskräftig und Revision wahrscheinlich. Schon zweimal ist die Verteidigerin gegen Urteile des Landgerichts Stendal bezüglich des Angeklagten beim Bundesgerichtshof zu Felde gezogen und gescheitert.

2015 war er zu drei Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er – wie schon 2011 – im Jahr 2013 einen Maßregelmitinsassen gewürgt und brutal attackiert sowie eine selbstgebastelte simple Bombenattrappe ans Landgericht gesandt hatte.