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Flüchtlinge Grahn: "Ich verstehe die Angst nicht"

Der Offene Kanal in Stendal widmet sich in einer Talkshow dem Thema "Flüchtlinge" und blickt dabei auch in die Vergangenheit.

06.11.2015, 23:01

Stendal l Die dritte Sendung der Talkshow mit Volksstimme-Redakteur Thomas Pusch zum Thema Flüchtlinge beleuchtet das Schicksal von Kristina Grahn.

Thomas Pusch: 1953 musstest du deine Heimat verlassen, welche Erinnerungen hast du daran?

Kristina Grahn: Uns Kindern wurde gesagt, dass wir zu einer Hochzeit nach Berlin fahren, wir waren also erstmal überhaupt nicht aufgeregt.

Von Berlin aus seid ihr weiter nach Bremen geflüchtet, wo seid ihr dort untergekommen?

Das war in einer Kaserne. Ich erinnere mich noch daran, dass es sonntags für die Kinder Kakao und Weißbrot mit Marmelade gab.

Von Bremen aus wurdet ihr nach Aachen verteilt. Hattet ihr dort Kontakt zur einheimischen Bevölkerung?

Wir wohnten etwas außerhalb, hatten daher nur Kontakt zu Menschen, die auch dort wohnten. Mein Vater arbeitete aber auf dem Bau, hatte dadurch Begegnungen mit Einheimischen und merkte, dass er Flüchtling war. Sie haben schlecht über ihn geredet, ihn nicht anerkannt und ihm dann auch noch das Fahrrad geklaut.

Und wie erging es deiner Mutter?

Die arbeitete in der Schokoladenfabrik am Fließband. Das war für sie natürlich auch eine Umstellung. In Mahlwinkel hatte sie noch Knechte und Mägde gehabt. Und nun musste auch sie sich böse Sprüche anhören. Sie hat in der Zeit viel geweint, aber unsere Eltern versuchten ihre Sorgen vor meinem Bruder und mir zu verbergen.

Nach der Wende bist zu wieder nach Mahlwinkel zurückgekehrt, lebst heute noch auf dem elterlichen Hof. Wie haben deine Fluchterfahrungen den Blick auf die heutigen Flüchtlinge geprägt?

Ich finde, wir können auf jeden Fall alle Flüchtlinge aufnehmen. Bei der Pegida-Geschichte bekomme ich Panik. Ich finde es grauenhaft, dass sich Menschen abblocken gegen andere Kulturen. Ich bin ein empathischer Mensch, unterstütze, wo ich kann. Den Leuten hier geht es gut und ich verstehe nicht, dass sie Angst haben, dass ihnen etwas weggenommen wird.

Das komplette Interview wird am kommenden Dienstag, 10. November, in der Talkshow „Thomas Pusch“ im Offenen Kanal gesendet. Beginn ist um 18 Uhr. Die Wiederholung ist am Donnerstag, 19. November, ab 19.25 Uhr zu sehen.