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Im Libanon Folgen einer Flucht ins Nachbarland

Der Großteil der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge flieht in die Nachbarländer. Vor allem der Libanon ist ein Zielland.

Von Anne Toss 22.07.2016, 01:01

Stendal l Seit Beginn des Bürgerkrieges im Jahr 2011 wird Syrien von anhaltenden schweren Kämpfen heimgesucht. Ein Großteil der Zivilbevölkerung floh auf der Suche nach Schutz ins Ausland, vor allem in die Nachbarländer. Eines davon, der Libanon, ist von dem Flüchtlingsstrom besonders betroffen: Zu den 4,5 Millionen Einwohnern kommen mittlerweile rund 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge.

Was macht dieser Zustrom mit einem Land? Und wer unterstützt dort die Flüchtlinge? Fragen, denen Almuth Nothnagle in ihrem Vortrag, der am Mittwoch im Rahmen der Stendaler Hochschulvorträge im Winckelmann-Museum stattfand, nachging.

Almuth Nothnagle - gebürtige Stendalerin, mittlerweile in Berlin lebend - ist Pfarrerin im Schuldienst und Mitglied des Vereins „Relief and Reconciliation for Syria“ (Hilfe und Versöhnung für Syrien). Bei einer privaten Reise im Jahr 2010 lernte sie erstmals die Länder Syrien und Libanon kennen. „Nach meiner Rückkehr stieß ich durch Kontakte immer wieder auf die Frage, wie man syrischen Flüchtlingen helfen kann“, sagt Nothnagle, „denn neben der Hilfe in Deutschland wollte ich auch vor Ort Unterstützung leisten.“ Daher trat sie vor zwei Jahren dem Verein „Relief and Reconciliation for Syria“ bei, engagiert sich ehrenamtlich. „Der Verein möchte Syrern, die im Libanon leben, helfen – vor allem den Kindern“, sagt Nothnagle.

Mit ihrem Vortrag gewährte sie den rund 20 Zuhörern nicht nur einen allgemeinen Einblick in die derzeitige Situation des Libanon, sondern nahm sie auch mit auf eine Reise in die nördliche Region Akkar, welche Nothnagle selbst im vergangenen Jahr bereist hat. „In Akkar, einer der ärmsten Regionen des Landes, treffen 250  000 Flüchtlinge auf 250  000 Bewohner. Das Verhältnis ist also Hälfte-Hälfte. Das müssen Sie sich mal hier in Stendal vorstellen.“ Spannungen seien daher auch programmiert. „Wir arbeiten vor Ort daran, dass in der Bevölkerung die Bereitschaft erhalten bleibt, Flüchtlinge aufzunehmen. Während meiner Reise habe ich in der Osterwoche an einem Friedensmarsch teilgenommen, bei dem geflüchtete Syrer und Libanesen ins Gespräch gekommen sind. Es ist wichtig, dass da ein Dialog entsteht.“

Einen Erfolg kann der Verein laut Nothnagle bereits vorweisen. Von den rund 400  000 Kindern, die sich unter den geflüchteten Syrern befinden, wurden 200  000 in das libanesische Schulsystem aufgenommen. „Die Jugendlichen haben oft über mehrere Jahre hinweg nicht die Schule besucht, es ist eine ‚verlorene Generation‘, die da entsteht“, so Nothnagle. Der Verein wirke dem mit einer Schule, Hausaufgabenhilfe und Sprachkursen entgegen. „Es ist wichtig, dass die Kinder den Anschluss schaffen, egal wie lange sie dann letztendlich im Libanon bleiben.“ Denn während ihrer Reisen habe sie vor allem eines erfahren: Die Hoffnung, dass sie irgendwann in ihr Heimatland zurückkehren können, haben die syrischen Geflüchteten nicht aufgegeben.