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Industrie Bauernprotest gegen Gewerbegebiet

Die Pläne eines Industriegebietes zwischen Stendal und Tangerhütte sorgt für Unruhe unter den Landwirten.

Von Rudi-Michael Wienecke 03.02.2021, 06:00

Lüderitz/Windberge l Manfred Pecker, Geschäftsführer der Landprodukte Tangerland Lüderitz und sein Kollege Bernd Wagner vom Nachbarbetrieb Landwirtschaftliche Genossenschaft Windberge, ärgern sich, dass bezüglich des Buchholzer Berges immer wieder „eine neue Sau durch das Dorf getrieben wird.“ Momentan geht es um eine Machbarkeitsstudie, die das Potenzial dieser Fläche als neues Industriegebiet an der im Bau befindlichen A 14 ausloten soll.

Diese Gedanken der Kommunalpolitiker aus Stendal und Tangerhütte beunruhigen wiederum die auf dem Gebiet wirtschaftenden Bauern, „immerhin sind es elf an der Zahl“, so Wagner. Sollte die Idee umgesetzt werden, droht ihnen nämlich ein immenser Flächenverlust. „Rund 1000 Hektar, für unsere Verhältnisse bester Boden“, konkretisiert Pecker, der für sich und seine Kollegen endlich Planungssicherheit fordert.

Wirbel um dieses Areal gab es nämlich in den vergangenen 30 Jahren des Öfteren und jedes Mal schwebte über den Bewirtschaftern das Damoklesschwert des Flächenverlustes in Größenordnungen. Es ging nicht nur um das drohende Verschwinden der Produktionsgrundlage für die Erzeugung von Nahrungsmitteln und damit um Arbeitsplätze, mit solcher Unsicherheit im Rücken seien nämlich auch geplante Investitionen in Frage gestellt worden. Teilweise habe sogar die Existenz ganzer Betriebe auf dem Spiel gestanden.

„Es begann gleich nach der Wende mit den Planungen für eine Mülldeponie auf dem Buchholzer Berg“, erinnert Pecker und der Lüderitzer zählt weiter auf: In den 90-ern sei es schließlich jahrelang um das Flughafenprojekt „Berlin International bei Stendal“ gegangen, auch das ist nun Geschichte. Schließlich sei 1995 eine Ölleitung verlegt worden, es folgten die Sanierung der alten Stromtrasse und nun schließlich der Bau der neuen.

2008 kam dann der Windpark, „gegen den stellten wir uns aber nicht“, macht Bernd Wagner klar. Schließlich gehe es hier um die Produktion erneuerbarer Energien und zudem profitiere die Region auch finanziell. Mit Flächenverlust, wenn auch verkraftbar, sei die Projektverwirklichung trotzdem verbunden gewesen. Zu kämpfen haben die Bauern außerdem mit Bewirtschaftungseinschränkungen. Die Lüderitzer müssen beispielsweise um 19 Mühlen herum ackern und die Windberger um sieben.

Aktuell fordert nun der Autobahnbau seien Tribut an landwirtschaftlicher Nutzfläche. Der Landprodukte Tangerland Lüderitz gehen so rund 70 Hektar verloren, die Landwirtschaftliche Genossenschaft Windberge muss auf 30 Hektar verzichten. Durch die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten es noch mehr werden. Erklärlich, dass nun die Pläne für eine Machbarkeitsstudie bezüglich eines Gewerbegebiets auf dem Buchholzer Berg bei den betroffenen Landwirten das Glas zum überlaufen bringen. „Das ist rausgeschmissenes Geld“, nimmt Manfred Pecker kein Blatt vor den Mund.

Tatsächlich sind es auch unter anderem die Finanzen, die aktuell die involvierten Stadträte spalten. Waren anfänglich 100.000 Euro für die Untersuchungen eingeplant worden, davon 80.000 Euro Fördermittel, sollen nun 140.000 Euro zu Buche schlagen.

Die noch nicht zugesagten Zuschüsse abgezogen, würde sich der kommunale Eigenanteil von 20.000 Euro auf 60.000 Euro erhöhen. Laut nachgebesserter Kooperationsvereinbarung hätte Tangerhütte 25 Prozent zu zahlen, hier gab der Bauausschuss bereits seine Zustimmung. Die Stendaler Gremien sind bezüglich ihrer 75 Prozent skeptischer. Der Hauptausschuss lehnte ab, auch der Ausschuss für Finanzen und der für Stadtentwicklung. Nun haben die Stadträte zu entscheiden, ob die Studie überhaupt erstellt wird.

Die Befürworter der Untersuchung meinen, dass diese gut für die wirtschaftliche Entwicklung der Region sei. Die Gegner sehen unter anderem eine Konkurrenz zu bereits bestehenden Gewerbeparks.

Dieses Argument greift auch Manfred Pecker auf, denn in den meisten Industriegebieten gebe es noch genug Raum für Neuansiedlungen und „BMW wird auf dem Buchholzer Berg nicht bauen.“ Weiter gibt er zu verstehen, dass durch den Autobahnbau mehrere Splitterflächen entstehen, die zwar weniger für landwirtschaftliche Nutzung geeignet seien, durchaus aber für industrielle oder gewerbliche.

Bernd Wagner zweifelt darüber hinaus an, dass es für größere Unternehmensansiedlungen überhaupt genügend Arbeitskräfte in der Region gibt: „Wir haben lange nicht mehr die hohen Arbeitslosenzahlen wie in den 90-er Jahren.“