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Gerichtsfall Frau verkauft Tiermedikament im Internet

Eine Frau aus Arneburg-Goldbeck bot im Internet ein Wurmmittel an. Ob sie dies durfte, klärt derzeit das Landgericht in Stendal.

Von Wolfgang Biermann 14.08.2018, 23:01

Stendal l War das unter „Wormstop“ (Englisch für „Wurmstop“) im Internet auf ihrer Online-Versand-Handel-Seite von einer Tierheilpraktikerin aus der Einheitsgemeinde Arneburg-Goldbeck angebotene Mittel ein Medikament, dessen behördlicher Zulassung es bedurft hätte, oder war es, wie von der Angeklagten behauptet, lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel für Tiere, wie es vieltausendfach allerorten, so auch im Internet, offeriert wird?

Das ist die Kernfrage, mit der sich die Berufungskammer am Landgericht Stendal seit Dienstag beschäftigt. Das Amtsgericht hatte die Frage nach einem zulassungspflichtigem Medikament mit ja beantwortet und die Mittfünfzigerin am 13. November vorigen Jahres wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 25 Euro (3000 Euro) verurteilt.

In die Gesamtstrafe floss die Verleumdung eines Stendaler Polizeibeamten ein. Der Beamte soll sie im Januar 2013 in einer Vernehmung nach erfolgter Wohnungsdurchsuchung vor die Alternative gestellt haben: Nehme sie sich keinen Anwalt, erhalte sie ihren sichergestellten Computer in vier bis sechs Wochen zurück. Nehme sie sich doch einen Anwalt, dauere es wesentlich länger.

Das hatte die Angeklagte, wie sie gestern angab, für sich als Nötigung oder Erpressung ausgelegt und das auch so auf ihrer Internetseite in einem Beitrag unter der Überschrift „Willkür im Landkreis Stendal“ der Internetgemeinde kundgetan. Der Polizist sagte am Dienstag als Zeuge aus, dass er sich keinesfalls ihr gegenüber so geäußert habe. Daraufhin entschuldigte sich die Angeklagte bei ihm im Gerichtssaal: „Für den Fall, dass ich es falsch verstanden habe.“

Viel diffiziler ist die Frage: Ist das inzwischen von der Mittfünfzigerin nicht mehr als solches angebotene „Wormstop“ ein Medikament oder nicht? Professor Manfred Kiezmann vom Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, führte als Sachverständiger dazu aus, dass es sich bei Wurmbefall um eine infektiöse Krankheit handele, für deren Heilung man Medikamente einsetzen müsse. Mit einem Nahrungsergänzungsmittel könne man die Krankheit nicht heilen.

Das wolle sie auch nicht, sondern nur mit ihrem Mittel die „Darmflora der befallenen Tiere optimieren“. Der Name „Wormstop“ suggeriere doch aber, was das Mittel bewirken solle, zweifelte der Vorsitzende Richter Gundolf Rüge. Zuvor war die Angeklagte mit ihrem Antrag gescheitert, den Gutachter als befangen zu erklären, weil die in Trägerschaft einer Stiftung befindliche Tierärztliche Hochschule Hannover angeblich von der Pharmaindustrie gesponsert wird. Am Freitag wird das Urteil erwartet.