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Jusitiz Kinder und Lebenspartner beklaut?

Warum das Verfahren vor dem Amtsgericht Stendal wegen eines Formfehlers eingestellt werden musste.

Von Wolfgang Biermann 27.01.2020, 23:01

Stendal l Ihren beiden minderjährigen Kindern von Mai 2013 bis Mai 2016 die treuhänderisch von ihr verwalteten Konten mit insgesamt gut 10.000 Euro geplündert und außerdem ihrem langjährigen Lebenspartner und Vater der Kinder 20.000 Euro Bargeld aus einer Kassette gestohlen zu haben, wurde in der vergangenen Woche einer 42-jährigen Stendalerin am Amtsgericht vorgeworfen.

Unabhängig davon, ob die ihr zur Last gelegten Tatvorwürfe – Untreue gegenüber ihren Kindern und Diebstahl im besonders schweren Fall – zutreffend sind, wurde das Verfahren nach etwa einstündiger Dauer von Richterin Petra Ludwig eingestellt.

Grund für die überraschende Wende in dem emotionalen Prozess, bei dem von Bargeld sowie Hin- und Herüberweisungen von insgesamt über 220.000 Euro die Rede war, war laut Begründung von Richterin Ludwig ein sogenanntes Verfahrenshindernis. Der Lebensgefährte habe demnach gemäß Strafgesetzbuch lediglich eine Frist von drei Monaten von der Kenntniserlangung der Straftaten bis zur Strafanzeige gehabt, weil er mit der Angeklagten in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebte. Erfahren hatte der 47-Jährige davon nach eigenen Angaben im Mai 2016, Strafanzeige hatte er aber erst im November 2017 erstattet. Strafrechtlich könne das deshalb nicht mehr verfolgt werden, so Ludwig.

„Das hat aber auf die zivilrechtliche Verfolgung keinerlei Auswirkung.“ Der Vater der Kinder könne zivilrechtliche Klage führen. Die Angeklagte hatte angegeben, dass sie von den Konten der Kinder Dinge des täglichen Lebens finanziert hatte, unter anderem aber auch eine Küche für 5000 Euro. Angeblich alles in Absprache mit ihrem Lebensgefährten.

Die Angeklagte war 2016 selbst Opfer eines großangelegten Betruges, wahrscheinlich der sogenannten Nigeria-Connection – geworden. Für 30.000 Euro sollte sie im Gegenzug 800.000 Euro erhalten. Wie seinerzeit berichtet, hatte die kaufmännische Angestellte über soziale Medien Kontakt zu einem angeblich in Afghanistan stationierten US-amerikanischen Offizier, der angab, zwei Millionen Dollar gefunden zu haben, die er aber nicht in seine Heimat überweisen könne. Dafür bräuchte er ihre Hilfe.

Die damals 39-Jährige fiel offenbar leichtgläubig auf die Offerte herein. Sie überwies erst 22.000 Euro und übergab weitere 8000 Euro an einen Boten in Stendal. Im Gegenzug erhielt sie einen Aktenkoffer voller schwarzgefärbter Papierbündel, die sich nach „Entfärbung“ und Übergabe von weiteren 5000 Euro in gültige Euro-Scheine verwandeln sollten. Dieser Bote, ein Nigerianer mit schwedischem Pass, wurde von der Polizei in Stendal in flagranti geschnappt und vom Amtsgericht Stendal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.