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Kinder auf dem Land Jenseits von Heidi und lila Kuh

Seit 2016 laufen die Projekte „Bauernpaten“ und „Gesundes Frühstück in Kitas“. Der Landkreis Stendal hat eine Vorreiterrolle.

Von Thomas Pusch 17.08.2017, 01:01

Volgfelde l Ob es wirklich Kinder gibt, die glauben, dass Kühe lila sind, ist nicht gewiss. Fest steht allerdings, dass immer weniger Kinder wissen, wo die Lebensmittel herkommen und was zu einem gesunden Frühstück gehört. „Mangel- und Fehlernährung ist ein ganz großes Problem, mit 5000 adipösen Kindern steht Sachsen-Anhalt deutschlandweit an zweiter Stelle“, sagte AOK-Vorstand Ralf Dralle. Zusammen mit dem Bauernverband und dem Landfrauenverband entwickelte die Krankenkasse zwei Projekte, um dieses Problem zu bekämpfen. Am Mittwoch wurde auf dem Hof der Familie Klug in Volgfelde Zwischenbilanz gezogen.

Bei den „Bauernpaten“ besuchen Kinder Bauernhöfe, für das „Gesunde Frühstück in Kitas“ kommen Landwirte und Landfrauen in die Einrichtungen. Seit dem April gab es landesweit 120 Bauernpaten-Veranstaltungen und 450-mal wurde ein gesundes Frühstück zubereitet. Insgesamt seien somit rund 10.000 Kinder erreicht worden. Diese Zahl wurde so positiv aufgenommen, dass das Projekt nicht nur wie ursprünglich vorgesehen bis 2018 laufen wird, sondern bis 2021 verlängert wurde.

„Wir freuen uns sehr darüber, denn das bedeutet auch eine Wertschätzung unserer Arbeit“, sagte Sibylle Klug, die nicht nur als Hausherrin, sondern auch als Vorstandsvorsitzende der Landfrauen Sachsen-Anhalt zu der Runde gehörte. Bei den Bauernpaten würde gezeigt, wie das Leben in der Landwirtschaft wirklich ist, fernab von Werbeclips oder Heidi-Filmen. Der wichtigste Erfolg dabei sei das Verständnis für die Landwirtschaft. „Hier geht es mehr als um den Geruch“, sagte Klug. Aber eben auch um den, so ließ sie die Viertklässler aus der Grundschule Börgitz im Kuhstall erstmal tief durch die Nase einatmen. Auf dem Hofgelände bereiteten sich derweil Jungen und Mädchen aus der Börgitzer Kindertagesstätte „Uchtespatzen“ ein gesundes Frühstück zu. Zu den beiden Einrichtungen habe Kontakt ja auch schon vor den Projekten bestanden, erklärte Klug im Gespräch mit der Volksstimme und bei den Projekten sei der Landkreis Stendal in einer „Vorreiterrolle“. „Jede Grundschule hat einen Bauernpaten“, stellte sie erfreut fest.

„Auf dem Land gibt es noch einen Bezug zur Landwirtschaft, in den Städten ist das schwieriger“, sagte Olaf Feuerborn, Präsident des Landesbauernverbandes. Das Bewusstsein müsse wieder geweckt werden. „Vor 30, 40 Jahren war doch noch ein Drittel der Bevölkerung irgendwie mit Landwirtschaft befasst, sei es nun in einem Betrieb oder bei der Gemüseernte im heimischen Garten“, machte er auf die Veränderung aufmerksam.

Die hat auch Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU) festgestellt, die bei der Zwischenbilanz am Mittwoch ebenfalls zu Gast war. Um die Landwirtschaft wieder richtig wertzuschätzen brauche es aber auch unbedingt die Unterstützung der Eltern. „Ich lebe für die Landwirtschaft“, bekannte die gelernte Erzieherin aus Harbke (Landkreis Börde), die seit der Wahl 2002 Mitglied des Landtages ist, dem sie seit Dezember vergangenen Jahres als Präsidentin vorsteht.