Kinderuni Jung und Professor

In Stendal haben bisher nur sechs Jugendliche die Professor-Urkunde für ihre Teilnahme an der Kinderuni erhalten.

Von Anne Toss 28.03.2017, 01:01

Stendal l 32-mal muss man an den Vorlesungen der Kinderuni – eine Kooperation der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Winckelmann-Gesellschaft – teilgenommen haben, um die ersehnte Professor-Urkunde zu erhalten. Die 14-jährige Felina Lepel und der 13-jährige Florian Nürnberger aus Stendal haben es beide geschafft, regelmäßig und über mehrere Jahre hinweg haben sie dafür die Kinderuni besucht. Während man bereits nach vier Vorlesungen den Bachelor in der Tasche hat, braucht man für den Doktortitel bereits 16 Teilnahmen, für den Titel Professor besagte 32. Ein langer Atem zahlt sich also aus.

„Ich bin schon wissbegierig, auch in der Schule“, sagt Florian. Bei den Vorlesungen schreibe er zwar nicht jedes Mal mit, aber oft. Als Beweis zieht der Schüler einen Hefter aus der Tasche, darin finden sich all seine Aufzeichnungen – fein säuberlich abgeheftet. 28. Mai 2016: Woher Sterne ihren Namen haben. Und: Wie Ingenieure von der Natur lernen –Werkstoffe der Zukunft. Ganz schön anspruchsvoll. Ob er denn ein kleines Superhirn sei? Florian lacht. „Ich bin zwar gut in der Schule, aber das liegt wohl in der Familie.“ Seine Geschwister seien nämlich auch allesamt gute Schüler.

Gemeinsam mit Felina und Florian haben im vergangenen Semester 505 Teilnehmer die Kinderuni besucht, der Großteil ist zwischen acht und zwölf Jahre alt. Falko Leonhardt, Koordinator der Kinderuni, will im kommenden Semester eine neue Idee umsetzen. „Kinder sollen selbst kurze Vorträge halten können, die sie gemeinsam mit Studenten vorbereiten. Das Thema könnten sie sich dann auch selbst aussuchen“, sagt Leonhardt.

Die Idee kann durchaus zu seiner größeren Themenvielfalt beitragen – etwas, das Felina Lepel bisher gefehlt hat. „Die Vorlesungen drehten sich fast immer um die Antike. Vielleicht haben die Veranstalter aber auch einfach nicht damit gerechnet, dass jemand so oft wiederkommt. Für mich hat sich dann eben vieles wiederholt“, sagt die 14-Jährige. Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester ist sie anfangs zur Kinderuni gegangen, später hat sich den beiden auch ihr Bruder angeschlossen. „Er war mittlerweile bestimmt auch schon 26-mal dort.“

Felina hört gerne Musik und zeichnet viel, eine Vorlesung über Kunst – das wäre etwas für sie gewesen. „Am Anfang habe ich noch Notizen gemacht, dann aber irgendwann damit aufgehört. Ich habe lieber die ganzen Formulare voll gezeichnet“, sagt sie und lacht. Zum Schluss sei sie eigentlich nur noch zur Kinderuni gegangen, um die 32 Teilnahmen zu schaffen. „Es ist sicherlich gut für die Allgemeinbildung, man hat einfach mal etwas von verschiedenen Themen gehört. Aber für die Schule kann man das Erfahrene eigentlich nicht gebrauchen.“

Und mit der Zeit verschieben sich eben auch die Interessen. „Ich würde gerne zur Kunstschule gehen, aber das reicht zeitlich gerade leider nicht.“ Die 14-Jährige fährt wochentags mit dem Zug nach Barleben, geht dort auf ein Gymnasium. Von 5.30 bis 16 Uhr ist sie in der Regel unterwegs – nachvollziehbar, dass man dann sonnabends, anstatt zur Kinderuni zu gehen, lieber einmal ausschlafen möchte. Obwohl sie jetzt ihre Teilnahme beendet hat, habe sie trotzdem davon profitiert: „Ich gehe generell nicht so oft aus dem Haus, da war die Kinderuni dann schon gut für mich.“

Im Gegensatz zu Felina kann Florian von Vorlesungen über Geschichte und die Antike nicht genug kriegen. „Wenn ich an Orte reise, dann will ich wissen, was dort passiert ist. Zum Beispiel, ob da ein Krieg war.“ Gerade erst hat er mit seiner Mutter fünf Tage in Rom verbracht. Es gibt wohl kaum eine passendere Stadt. Und dass Florian die Reiseplanung übernommen hat – das Kolosseum und etliche Museen standen auf der Besichtigungsliste – versteht sich von selbst. „Meine Mutter interessiert das eigentlich nicht unbedingt. Sie kommt nur mit, weil ich es will“, sagt er und grinst.

Seine Leidenschaft für die Vergangenheit spiegelt sich auch in seinem Berufswunsch wider: „Geschichtslehrer will ich werden“, sagt Florian. „Dafür muss ich dann ja auch studieren und mit Kindern umgehen können – das passt gut.“ Zurzeit gebe er nämlich auch Nachhilfeunterricht, allerdings in Mathematik.

Bei seiner Auszeichnung sei er auch gefragt worden, welchen Tipp er denn den anderen Teilnehmern geben könne. „Ich habe gesagt, dass sie durchhalten sollen, auch wenn einmal ein langweiliges Thema dran ist – es wird wieder besser.“ Er möchte auf jeden Fall weiterhin zur Kinderuni gehen – auch wenn nach dem Professor-Titel keine weitere Auszeichnung drin ist. „Es macht mir halt einfach Spaß.“

Am Sonnabend, 29. April, findet die nächste Vorlesung für Kinder im Audimax der Hochschule Stendal, Osterburger Straße 25, statt.