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Kriminalpolizei Aufklärung von 98 Todesursachen

Zur Arbeit der Stendaler Polizei gehört auch die Ermittlung von Todesursachen bei unklaren Fällen und nicht natürlichem Ableben.

Von Bernd-Volker Brahms 09.04.2019, 03:00

Stendal l Der Revierkriminaldienst der Stendaler Polizei musste sich 2018 mit 98 Todesfällen beschäftigen, bei denen es sich um eine unnatürliche Todesart oder eine ungeklärte Todesursache handelte. Dies teilte die Polizei im Zusammenhang mit der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik mit. Es waren 32 Fälle weniger als im 2018.

Die ungeklärten Fälle kommen im Wesentlichen von zwei Institutionen: dem Krankenhaus und dem Krematorium. Die Polizei erhält dann jeweils eine Meldung. 2018 waren dies vom Krankenhaus 41 Fälle und vom Krematorium 26 Fälle. Im Polizistendeutsch sind es „angehaltene Leichen“, die Einäscherung oder Beerdigung wird vorläufig aufgeschoben.

„Es wird von uns der Zustand der Leiche dokumentiert“, sagt der Stendaler Kriminalhauptmeister Ingo Fabisch. Wenn sich dabei kein Anfangsverdacht für eine Straftat ergibt, wird die Leiche durch die Staatsanwaltschaft wieder freigegeben. Nur in einem einzigen Fall wurde die Leiche 2018 zur Obduktion an das Institut für Rechtsmedizin weitergeleitet. Es ging dabei um einen Toten aus dem Krematorium, am Ende gab es auch dort keine weiteren Bedenken.

Gerade im Krematorium sind viele ungeklärte Fälle zu verzeichnen, da zahlreiche Leichen aus dem gesamten Bundesgebiet hergefahren werden, um dort eingeäschert zu werden. Das Leichenschaugesetz sieht vor, dass vor der Einäscherung eine zweite Leichenschau durchzuführen ist, da der „Spurenträger“ beseitigt wird. Im Nachgang können Straftaten nicht mehr belegt werden. Im Wechsel mit einem zweiten Arzt ist die Kreisärztin Dr. Iris Schubert hierfür zuständig. Zwischen 50 und 100 Leichen hat sie dabei wöchentlich zu begutachten, schildert sie das Arbeitsaufkommen. Bei der Leichenschau werden die Papiere gesichtet und die im Totenschein verzeichnete Todesursache mit dem Zustand der Leiche abgeglichen. Manchmal stehe schon im Totenschein „ungeklärt“, dann werde der Fall oftmals an die Polizei übergeben, so Schubert.

Ihr sei aufgefallen, dass die Totenscheine zunehmend wenig akribisch ausgefüllt werden, sagt die Amtsärztin. „Wenn da steht Multiorganversagen, dann stört mich das“, sagt sie.

Bei Fällen, die an die Polizei gehen, schreibe sie ihre Bedenken auf. Was dann daraus wird, wisse sie nicht. „Da bekomme ich keine Rückmeldung“, sagt Dr. Schubert. Im Übrigen könne man auch nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass die Todesursache geklärt sei, wenn die Leiche durch die Staatsanwaltschaft freigegeben worden sei. Dazu würden einfach zu wenige Obduktionen gemacht.

Oftmals ließen sich aber Zweifel auch schon durch einen Anruf bei dem Arzt aufklären, der den Totenschein ausgefüllt hat oder auch einer Staatsanwaltschaft. So könne sie sich an einen Fall erinnern, sagt Dr. Schubert, bei dem sie bei einer „auswärtigen Leiche“ einen viereckigen Abdruck auf der Brust festgestellt hatte. Sie hakte nach, obwohl eine Freigabe der Staatsanwaltschaft Schwerin bereits vorlag. Stutzig war sie geworden, da eine normale Todesursache eingetragen worden war. Mit dem Anruf klärte sich dann auch tatsächlich auf, dass der Verstorbene in seiner Wohnung durch ein Herz-Kreislauf-Versagen zusammengebrochen und auf einem viereckigen Gegenstand zum Liegen gekommen war.

Im Übrigen bearbeitet die Polizei in Stendal nur die Fälle, bei denen die Menschen auch tatsächlich im Bereich des Reviers verstorben sind. Anderweitig sind die jeweiligen Dienststellen zuständig. Dies ist bei den ungeklärten Fällen aus dem Krematorium oftmals der Fall.

Inwiefern bei den Fällen aus dem Krankenhaus eingehendere Untersuchungen angeordnet wurden oder sogar Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet wurden, dazu sagt die Polizei nichts und verweist auf die Staatsanwaltschaft. Unlängst berichtete die Volksstimme über einen Gerichtsfall zu einem Mann, der gegen seinen Willen eine Chemotherapie erhielt und verstarb. Der Vorfall war allerdings bereits 2016.

In 48 Fälle wurde die Polizei im vergangenen Jahr durch Mediziner oder Angehörige hinzugerufen, wenn Verstorbene im häuslichen Umfeld aufgefunden wurden. Nicht immer zog die Polizei sich dann auch die Arbeit an sich. Dies war in jedem Fall so, wenn es sich um Selbsttötungen handelte, was im Landkreis Stendal 17mal vorkam. Zweimal waren es Knochenfunden, die zu Ermittlungen führten.