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Landgericht Schneemann-Dieb bekommt nun doch Bewährung

Der drogenabhängige Täter muss doch nicht ins Gefängnis. Ein 34-Jähriger war 2016 in „Bismarcks Weihnachtswelt“ in Döbbelin eingebrochen.

Von Wolfgang Biermann 23.08.2017, 14:00

Stendal l Ein 34-jähriger Tangermünder muss nun doch nicht wegen des Diebstahl eines Deko-Schneemanns ins Gefängnis. Das Stendaler Amtsgericht hatten den Mann zu einem Jahr und sechs Monaten – ohne Bewährung – verurteilt. Das Landgericht verwarf gestern eine Berufung, die sowohl vom Täter als auch von der Staatsanwaltschaft angestrengt worden war – allerdings mit der Maßgabe, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Der gerichtsbekannte Angeklagte hatte laut Anklage am 13. Dezember vorigen Jahres in „Bismarcks Weihnachtswelt“ in Döbbelin, wo das ganze Jahr über mit Weihnachtszubehör gehandelt wird, einen Deko-Schneemann gestohlen, Wert laut Geschäftsinhaber: 3000 Euro. Dessen nicht genug fuhr der Angeklagte Folgetag wieder dort mit einem geleasten Audi A5 vor, ging ins Geschäft und ließ sich, im dortigen WC versteckt, einschließen.

Mit dabei hatte er „typisches Einbruchswerkzeug“: zwei sogenannte Dietriche und zwei Schraubenzieher. Zwei Mitarbeiterinnen sahen von außen Licht im Laden und den Audi auf dem Parkplatz. Sie riefen die Polizei. Als der erste Streifenwagen dort ankam und zwei Beamte den Täter, der sich schon Deko für 125 Euro beiseite gelegt hatte, festnehmen wollten, flüchtete dieser aus einem Fenster, konnte aber noch auf dem Gelände gestellt werden. Dabei wehrte er sich und verpasste einem Beamten eine Kopfnuss. Der Polizist erlitt eine Platzwunde. Verstärkung wurde gerufen.

Als der Angeklagte in einen der Streifenwagen verbracht werden sollte, versetzte er einem zweiten Beamten ebenfalls eine Kopfnuss, die gleichfalls zu einer blutenden Platzwunde führte. Im Revier wurde dann ein Drogentest durchgeführt, der positiv reagierte. Eine Blutentnahme bestätigte später den Konsum von Rauschgift.

Im Audi fand sich weiteres Diebesgut im Wert von mehreren tausend Euro, das aus einem Wohnungseinbruch in Gardelegen und einem Diebstahl im Krankenhaus Uchtspringe stammte. Die Diebeszüge in Döbbelin räumte der 34-Jährige im April vor dem Amtsgericht ein. So hätte er den Schneemann für sich zum Weihnachtsfest haben wollen. An die Auseinandersetzungen mit den Polizisten könne er sich nicht erinnern. Und das Diebesgut will er von einem Unbekannten als Ausgleich dafür erhalten habe, dass er ihm den Audi geborgt habe.

Das Amtsgericht glaubte ihm nicht und verurteilte den nach eigenen Angaben schwer Drogenabhängigen wegen Diebstahls, Hehlerei, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung.

Der Staatsanwaltschaft war die Strafe zu niedrig, dem Angeklagten zu hoch. Beide legten Berufung ein und beschränkten sie gestern auf das Strafmaß. Nachdem der Sachverhalt wie angeklagt feststand, ging es nur noch ums Strafmaß – Bewährung oder nicht. Dass er diese letztlich bekam, basiert auf dem Gutachten eines Gerichtspsychiaters. Demnach lebt der Angeklagte derzeit in gesicherten sozialen Verhältnissen, hat Arbeit und bekommt Austauschdrogen gegen seine Sucht. Müsste er ins Gefängnis, würde das zunichte gemacht. Selbiges gelte für eine Suchttherapie im Maßregelvollzug. „Um diesen Weg nicht zu gefährden“, gebe es „gerade noch“ Bewährung.