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Landgericht StendalMassive Schläge ins Gesicht

Ein 32-jähriger Stendaler möchte nicht ins Gefängnis. Das Amtsgericht hatte ihn veruteilt. Jetzt geht er dagegen vor.

Von Wolfgang Biermann 27.02.2017, 17:43

Stendal l Um schwere Straftaten im Drogen- und Trinkermilieu der Rolandstadt geht es seit Kurzem in einem Prozess vor der Berufungskammer am Landgericht Stendal. Ein 32 Jahre alter gerichtsbekannter Stendaler ficht ein Urteil des Amtsgerichts an, das ihn am 6. September vorigen Jahres wegen Raubes, Körperverletzung sowie Beleidigung von Polizisten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt hatte.

Das Schöffengericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte „durch Rauschgift und Alkohol enthemmt“, am 18. Mai vorigen Jahres einen ebenfalls alkoholisierten 55-Jährigen erst zu Boden stieß, ihm dann „massive Schläge“ ins Gesicht versetzte, eine silberfarbene Kette raubte und schließlich noch zweimal in den Bauch trat. Auf der als „Platte“ bekannten Freifläche hinter dem Altmarkforum waren demnach insgesamt acht Polizeibeamte des Reviers Stendal und der Bundespolizei vonnöten, um die brutale Attacke zu beenden. Dabei wurden sie vom Angeklagten laut erstinstanzlichen Urteil bespuckt und beschimpft. Als Auslöser galt die Forderung des Opfers gegenüber dem Angeklagten, seinen frei laufenden Hund anzuleinen. 

Durch die Schläge wurde das Opfer erheblich verletzt. Der 55-Jährige erlitt unter anderem mehrere Gesichtsschädelbrüche, die operiert werden mussten. Während das Opfer ins Krankenhaus gebracht wurde, entlud der Angeklagte offenbar seinen Zorn gegen die Polizeibeamten. Er beleidigte sie mit Schimpftiraden und bespuckte einen von ihnen, wie vier der Beamten als Zeugen aussagten. „Ich kann mich nicht groß erinnern“, hatte der Angeklagte seinerzeit beim Prozessauftakt im Vorjahr gesagt, die Taten „im Kern“ aber eingeräumt, wobei er erklärt hatte, dass er die Kette wieder habe zurückgeben wollen. Außerdem hätte er das Opfer „nur“ geohrfeigt. Ohrfeigen oder Schläge und Tritte sah das Schöffengericht im Urteil als „unerheblich“ an. 1,32 Promille hatte eine Blutentnahme nach der Tat beim Angeklagten ergeben.

Das Opfer hatte sogar 2,9 Promille Alkohol im Blut und vermochte sich als Zeuge vor dem Amtsgericht an das Geschehen fast überhaupt nicht zu erinnern. Der Verteidiger hatte den Raub der Halskette durch seinen Mandanten nicht als solchen, sondern als Diebstahl gewertet und eine Bewährungsstrafe gefordert. Darum geht es jetzt bei der Überprüfung des Amtsgerichtsurteils. Zwei Verhandlungstage hat die Berufungskammer bislang für den Fall angesetzt.