1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Haftstrafe für Missbrauch der Stiefkinder

Landgericht Stendal Haftstrafe für Missbrauch der Stiefkinder

Mit der Verurteilung zu fünfeinhalb Jahren Haft ist am Stendaler Landgericht ein Missbrauchsprozess zu Ende gegangen.

Von Wolfgang Biermann 02.06.2017, 16:25

Stendal l Das Landgericht Stendal hat am Freitag einen 36-jährigen Stendaler wegen sexuellen Missbrauchs der drei angeheirateten Kinder seiner Ehefrau in insgesamt 38 Fällen, davon drei im schweren Fall, zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Mit dem Strafmaß war das Gericht im vollen Umfang der Forderung der Staatsanwältin gefolgt. Dieser Forderung hatten sich sowohl die Verteidigerin als auch der Opferanwalt, der Mutter und Kinder vertritt, angeschlossen.

Das „im unteren Strafrahmen angesiedelte, sehr moderate Urteil“ basiere vor allem auf dem umfassenden Geständnis des Angeklagten. Damit habe er den Kindern die Aussage erspart, hieß es in der Urteilsbegründung. Erschwerend sah die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler indes, dass der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte bei den Kindern die Vaterstelle vertrat. Er habe „erhebliche sexuelle Übergriffe auf die ihm anvertrauten Kinder seiner Ehefrau verübt“.

Der gebürtige Oschersleber, der seine Frau 2009 über eine Zeitungsanzeige kennenlernte und 2011 heiratete, sei „Erziehungs- und Schutzgarant“ für die beiden Mädchen und den Jungen gewesen. Sie seien „lebenslang davon getroffen“. Erschwerend komme hinzu, dass der in einem Pflegeberuf tätige und ehrenamtlich sowie kirchlich engagierte Angeklagte die Taten „über eine lange Zeit“, nämlich von 2010 bis Ende 2016 beging.

Eines der Mädchen und der Junge waren zum Zeitpunkt der ersten Tat demnach jeweils erst sechs Jahre alt, „ein Alter, in dem Kinder gerade mal den Unterschied zwischen Mann und Frau erkennen“, so Richter Galler. Das zweite Mädchen war 13, als er sie das erste Mal missbrauchte, wobei es in keinem der Fälle zum vollendeten Geschlechtsverkehr kam. „Papa lass das, das tut mir weh“, hatte der Junge laut verlesenem Polizeiprotokoll gefleht. Auch das jüngere Mädchen wurde mit ähnlichen Worten zitiert.

In einem Brief, den die Verteidigerin für den Angeklagten vor dem Urteil an die Kindesmutter übergab, entschuldigte er sich bei ihr und den Opfern: „Bitte verzeiht mir.“ Die im Saal anwesende Mutter, die in Trennung von ihrem Noch-Ehemann lebt, würdigte den Brief keines Blickes. Sie hatte ihren Mann 2014 in Oschersleben schon einmal mit der Hand unter der Bettdecke eines der Mädchen erwischt, ihm aber eine zweite Chance gegeben, weil er Besserung gelobt hatte. Das Paar war daraufhin in die Altmark gezogen, wo es dann zu den Übergriffen auf den Jungen kam.

Einen derartigen Fall mit drei betroffenen Kindern im Familienverbund habe sie in ihrer langjährigen Tätigkeit noch nicht erlebt, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Und selbst die Verteidigerin beschönigte nichts: „Es ist furchtbar und durch nichts zu entschuldigen.“ Ein Gerichtspsychiater hatte dem Angeklagten eine „Kernpädophilie“, also sexuelles Interesse an Kindern, bescheinigt. Er „könne dies aber steuern“ und sei in der Schuldfähigkeit nicht eingeschränkt, sagte Richter Galler in der Urteilsbegründung. Das sei auch lediglich „eine Erklärung, aber keine Entschuldigung“ für die Taten.

Der 36-Jährige selbst hatte angegeben, dass die Taten spontan gewesen seien und er selbst kein Lustempfinden dabei verspürt hätte. Zum Sex mit der Ehefrau sei es sehr selten gekommen.

Nachdem im Januar die Taten bekannt geworden waren, kam er in U-Haft, die jetzt zur Strafhaft wird, weil er das Urteil noch im Gerichtssaal annahm.