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Landtagswahl CDU serviert Güssau ab

Hardy Peter Güssau hätte bei der Landtagswahl 2021 gern wieder für die CDU das Direktmandat geholt. Die Parteibasis verhinderte dies.

Von Donald Lyko 19.02.2020, 16:54

Stendal l Bis zur Mitgliederversammlung im „Schwarzen Adler“ hatte nur Hardy Peter Güssau seinen Hut in den Ring geworfen. Erst als der Versammlungsleiter, der CDU-Kreisvorsitzende Chris Schulenburg, die Frage nach weiteren Kandidaten stellte, machte Matthias Kirchbach öffentlich, was parteiintern schon Tage zuvor die Runde gemacht hatte: Er schlug die 38-jährige Xenia Schüßler aus Stendal vor.

Überraschend kam das für Hardy Peter Güssau nicht, auch er hatte im Vorfeld von der Bewerbung gehört. Allerdings über andere Kanäle. Dass er von der Kandidatur nicht direkt von Xenia Schüßler erfahren hat, habe ihn „menschlich etwas enttäuscht“, sagte der 57-Jährige und fügte hinzu: „Das hätte ich mir von einem Vorstandsmitglied erhofft.“ Güssau und Schüßler sind sowohl im Stadtverband Stendal als auch im Kreisverband Stendal Vorstandskollegen.

Nachdem sich die Kandidatin und der Kandidat vorgestellt hatten, ging es auch gleich in die Wahl – die Möglichkeit zur Aussprache und für Fragen an die Bewerber wurden von den Anwesenden nicht genutzt.

Von den 48 stimmberechtigten Mitgliedern aus den CDU-Ortsverbänden Stendal und Kläden-Bismark, die zur Wahlkreismitgliederversammlung gekommen waren, stimmten 28 für Xenia Schüßler, 20 für Hardy Peter Güssau. Damit kämpft die selbstständige Rechtsanwältin, die beruflich auch als gesetzliche Betreuerin tätig ist, um das Direktmandat für den Wahlkreis 04 (Stendal-Bismark), das mit der Landtagswahl am 6. Juni nächsten Jahres vergeben wird.

Für ihre Kandidatur gebe es nur einen Grund, stieg die Vorsitzende der Stendaler Frauen-Union in ihre Bewerbungsrede ein: „Die Zukunft der Stendaler CDU.“ Seit 2014, als die Wahlfälschungsaffäre ihren Anfang nahm, stehe die Partei unter Beschuss. „Die Mitglieder mussten sich oft für Dinge erklären, mit denen sie nichts zu tun hatten“, sagte die Mutter einer Tochter. Der Einbruch der CDU bei den Kommunalwahlen für Stadtrat und Kreistag im vergangenen Mai hätten gezeigt, „dass ein ‚Weiter so‘ nicht funktioniert. Wir benötigen einen Neustart.“ Demokratie bedeute, dass es eine Wahl gibt – darum stelle sie sich dieser auf der Mitgliederversammlung.

Auch einige ihrer thematischen Schwerpunkte stellte sie vor: Ausbau der Infrastruktur, zu der Straßen und schnelles Internet ebenso gehören wie die medizinische Versorgung, eine langfristige Förderung des Stendaler Winckelmann-Museums durch das Land Sachsen-Anhalt ähnlich dem Theatervertrag, eine bessere Einbeziehung der Landwirte sowie den Erhalt der Gerichtsstrukturen in der Altmark, vor allem des Arbeitsgerichtsstandortes Stendal.

Während Xenia Schüßler, die seit 2019 im Stendaler Stadtrat sitzt, das Thema Wahlfälschung gleich an den Anfang ihrer Rede gestellt hatte, hob es sich Hardy Peter Güssau für den Schluss auf. Seit 2014 begleite es ihn. „Ich schlafe mit diesem Thema ein, ich werde mit diesem Thema wach.“ Dann erklärte er: „Ich habe mit der Wahlfälschung nichts zu tun und habe es auch nicht gewusst.“ Als Landtagspräsident sei er 2016 nach kurzer Amtszeit zurückgetreten, um die Kenia-Koalition zu retten.

Seit 2006 ist Güssau Mitglied des Landtages. Nach 20 Jahren im Stadtrat, davon 19 Jahre als Fraktionsvorsitzender, hatte der Gymnasiallehrer im vergangenen Jahr sein Ratsmandat nicht wieder angenommen und die Priorität von der Kommunal- zur Landespolitik verlagert.

Bevor er um das Vertrauen bat, damit er zum vierten Mal das Direktmandat für die CDU holen könne, bilanzierte der 57-Jährige seine Arbeit im Landtag. Er kritisierte erneut die Erstaufnahmeeinrichtung in Stendal als „Fehlentscheidung“, benannte die AfD als Hauptgegner im Wahlkampf, ging auf seinen Einsatz für die Theaterfinanzierung und die Forderung, einen Rettungshubschrauber in Stendal zu stationieren, ein, formulierte das Bestreben, sich weiterhin für die bessere Bahnanbindung Stendals an Berlin einzusetzen.

Güssau: „Ich denke, dass ich die Arbeit für Euch in Magdeburg gut gemacht habe.“ Das von ihm erbetene Vertrauen verwehrte ihm die Mehrheit der anwesenden CDU-ler dann aber bei der geheimen Abstimmung. Die Entscheidung fiel für Xenia Schüßler. „Jetzt gilt es, ein Jahr lang Gas zu geben und das Direktmandat für die CDU zu holen“, gab sie nach der Nominierung die Marschrichtung vor.