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Licht-Kunst Ein Stadttor wird zur Nachtlaterne

Das Tangermünder Tor in Stendal soll künftig abends leuchten. Der Lichttage-Künstler Herbert Cybulska setzt die Idee um.

Von Nora Knappe 04.05.2017, 01:01

Stendal l Es ist zwar schon mehr als nur eine Idee, aber es ist noch wandelbar: das Vorhaben, das Tangermünder Tor dauerhaft zu beleuchten – oder vielmehr leuchten zu lassen. Wer jetzt aufschreckt und denkt ‚Oh je, jetzt machen sie 365 Lichttage im Jahr, ist das nicht übertrieben?‘, der sei beruhigt: Geplant ist kein überbordender, märchenhafter Farbenrausch wie im Oktober vorigen Jahres, sondern eine sanfte Illumination.

Und die soll so bald wie machbar umgesetzt werden. Das Konzept ist da, erste Absprachen, Planungen und Veränderungswünsche sind da, fehlt noch das Geld. 20.000 Euro wird das Ganze vermutlich kosten (siehe auch Info-Kasten). „Die Hälfte davon trägt die Kaschade-Stiftung, für die andere Hälfte suchen wir nun Spender und Mitfinanzierer“, sagt Herbert Cybulska, der die Tor-Illumination wie schon die Stendaler Lichttage künstlerisch in der Hand hat.

Nach jetzigem Stand sollen die Zinnen in der Krone des Tors und der gotische Fensterbogen einen warmen gelblichen Schein ausstrahlen. „Die klassische Methode ist, ein Gebäude von außen mit grellem Licht zu beschießen, da geht viel Licht in den Himmel verloren“, sagt Cybulska. „Wir wollen das Tor vielmehr aus sich heraus leuchten lassen.“ Das Licht solle die Eigenfarbe der Ziegel hervorheben und „die Eigenheiten des Baues zeigen“. Auch die Pferdebahn – sollte sie unterm Torborgen ihren Garagenplatz finden – könnte ins Leuchten integriert werden.

Dem Lichtgestalter geht es nicht allein darum, den eigenen künstlerischen Anspruch und die kreative Vision umzusetzen. Er spricht von „biologischer Verantwortung“ und meint damit die Vermeidung von Lichtverschmutzung. „Blauwelliges, kalt-weißes Licht irritiert Insekten und Vögel und verhindert beim Menschen, dass Melatonin ausgeschüttet wird und er zur Ruhe kommt. Das wollen wir nicht und haben uns daher für warmes Licht in niedriger Dosierung entschieden.“

Den Einwand, zur Vermeidung von Lichtverschmutzung das Tor doch gleich unbeleuchtet zu lassen, kann Cybulska nachvollziehen, entgegnet aber: „Ich finde es richtig und gerechtfertigt, dass solch ein Wahrzeichen, das auf vielen Sichtachsen wahrnehmbar ist, in dieser zurückhaltenden Form als Begrüßung fungiert.“

Die Beleuchtung sei „extrem energieeffizient, die Leuchten haben maximal drei Watt und eine Leuchtdauer von bis zu 50.000 Stunden, das reicht für 20 Jahre. Außerdem sind sie abschaltbar und dimmbar.“ Das Licht solle auch nicht die ganze Nacht hindurch leuchten und nur so, dass niemand im Umfeld davon gestört werde.

Denkmalschutzrechtliche Bedenken seien bereits zur Sprache gekommen. „Der jetzige Entwurf ist der Ausgangspunkt für weitere Gespräche“, formuliert Cybulska diplomatisch. Und bevor die Leuchten endgültig installiert werden, werde das Ganze selbstverständlich in seiner Wirkung erprobt. Nicole Laupsien und Matthias Neumann vom Veranstaltungsmanagement der Stadt freuen sich auf das Tor-Leuchten: „Das Tor ist ein Wahrzeichen, ist etwas Besonderes, das auf diese Weise in seiner Schönheit noch hervorgehoben wird.“

Ein ähnliches Projekt hat Herbert Cybulska, der weltweit Lichtkunst-Aufträge hat, übrigens gerade in Frankfurt/Main umgesetzt: Dort wurde der Glockenstuhl eines Kirchturms zum Leuchten gebracht.