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Mieterverein Kauf kippt Mietvertrag nicht

Immer wieder fühlen sich Mieter unter Druck gesetzt, bei denen der Vermieter gewechselt hat - ein Beispiel aus Stendal.

Von Matthias C. Kuhn 19.09.2017, 23:01

Stendal l Mit Besorgnis blickt derzeit Angela Mattke auf den regionalen Immobilienmarkt. Die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des Mietervereins Stendal und Umgebung verzeichnet einen erhöhten Beratungsbedarf von Mietern, bei denen der Eigentümer gewechselt hat. Im Kern geht es darum, dass der neue Eigentümer auch einen neuen Vertrag mit den Mietern abschließen wolle.

Und immer häufiger seien die Methoden der Neueigentümer nicht gerade die feine englische Art. Mattke kennt mittlerweile Fälle, bei denen Bestandsmietern sogar mit Kündigung gedroht worden sei, wenn diese nicht sofort den neuen Vertrag an der Wohnungstür unterschreiben. Schwerpunkte seien in Salzwedel und Stendal, führt sie weiter aus und betont: „Es sind keine Einzelfälle, sondern es tritt in letzter Zeit vermehrt auf.“

Seit 2004 ist die Juristin beim Mieterverein und hat in dieser Zeit schon einiges erlebt. Doch was seit rund zwei Jahren auf dem Wohnungsmarkt der Region los ist, kennt sie in dieser Form nicht. Insbesondere Mietshäuser wechseln momentan verstärkt die Besitzer. An sich sei dies nicht das Problem. Doch mit dem Wechsel des Eigentümers möchte dieser oftmals auch gleich die bestehenden Mietverträge ändern.

„Kauf bricht Miete nicht“, zitiert Mattke einen Merksatz, der für Mieter und Vermieter gilt. Somit hat ein Eigentümerwechsel für Mieter normalerweise keine Auswirkungen, der bestehende Vertrag bleibt vom Wechsel unberührt. Zum Problem wird es aber, wenn der neue Eigentümer plötzlich vor der Tür des Mieters mit einem neuen Mietvertrag steht und diesem klarmacht, dass der Mieter diesen Vertrag zu unterschreiben hat. Und moralisch grenzwertig werde es, wenn im selben Atemzug noch mit der Kündigung gedroht werde, um den Mieter schnell zur Unterschrift zu bewegen. Solche Fälle gehören für Mattke und Mitstreiter mittlerweile zum Tagesgeschäft. „Es sind gerade ältere Menschen, die aus Angst dann unterschreiben“, berichtet sie.

Kommt es zu solchen Situationen, gehe es im Kern immer um eine höhere Miete, eine nachträgliche Kaution oder darum, weitere Nebenkosten in den Vertrag aufzunehmen. All dies sei eine Vertragsänderung, der beide Seiten (Mieter und Vermieter) zustimmen müssen, betont sie. Ist eine Unterschrift seitens des Mieters erfolgt, ist der neue Vertrag in der Regel auch gültig, fügt Mattke an.

Sie rät Mietern, die in eine solche Situation geraten, sich auf keinen Fall zu einer Unterschrift drängen zu lassen. Vielmehr sollten sie in Ruhe das neue Angebot prüfen oder durch sachkundige Personen prüfen lassen. Denn: Der bestehende Mietvertrag habe weiterhin Gültigkeit, auch wenn dieser beispielsweise aus den 1960er Jahren stamme.

Und droht der Neueigentümer mit Kündigung, sollten sich Mieter nicht ins Bockshorn jagen lassen. „Der Vermieter ist an die Fristen des bestehenden Vertrages gebunden“, sagt Mattke. Des Weiteren müsse „ein berechtigter Grund“ für die Kündigung vorliegen, führt sie weiter aus. Und auch dies müsse „den gesetzlichen Bestimmungen“ genügen.

Verallgemeinern möchte sie das Verhalten von Eigentümern nicht: „Ich habe den Eindruck, dass viele Vermieter es aus Unkenntnis machen. Andere scheinen oftmals falsch informiert zu sein.“ Daher appelliert sie an alle (Neu-)Eigentümer, sich im Vorfeld über ihre Rechte und Pflichten als Vermieter zu informieren. Denn „Vertrag kommt von Vertragen“, zitiert sie eine andere juristische Weisheit. Und dies sollte das Ziel auf beiden Seiten sein.