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Migrantenverein Feier ohne religiöse Grenzen

Ein halbes Jahr nach seiner Gründung lud der Stendaler Migrantenverein zur Weihnachtsfeier ins JFZ Mitte ein.

Von Thomas Pusch 19.12.2017, 00:01

Stendal l Köstlichkeiten aus vieler Herren Länder gab es am Sonnabend im Jugendfreizeitzentrum Mitte. Dorthin hatte der Stendaler Migrantenverein zur Weihnachtsfeier eingeladen. Und er nannte es auch so, nicht etwa Winterfest oder Jahresabschlussfeier, auch wenn zahlreiche Mitglieder des Vereins nicht dem Christentum, sondern einer anderen Religionsgemeinschaft angehören. „Das muss so sein, die sind jetzt in Deutschland und da ist es wichtig, dass sie wissen, welche Feste es hier gibt und wie sie gefeiert werden“, sagte Vereinsvorsitzende Venus Käppler.

Deshalb sind auch die deutschen Nachbarn eingeladen worden, Karin Stöwesandt erklärte die weihnachtlichen Bräuche. Venus Käppler war vieles vertraut, „ich bin Christin, die Philippinen waren einmal spanische Kolonie“, erklärte sie. So wird es Weihnachten im Hause Käppler wie in vielen anderen deutschen Haushalten zugehen, nur dass auf dem Speiseplan eine Mischung aus einheimischer und asiatischer Kost steht.

Bei dem Inder Gabriel Joseph, stellvertretender Vereinsvorsitzender, wird auch Weihnachten gefeiert. Auch in Indien gibt es neben vielen anderen Religionen wie Hinduismus und Buddhismus auch das Christentum. „Früher wurde Weihnachten nicht so groß in Indien gefeiert, mittlerweile gehört es auch dazu“, erzählte er. Und er wies darauf hin, dass religiöse Feste durchaus nicht nur aus der westlichen Welt weiter verbreitet werden, sondern es auch den umgekehrten Weg gibt. So werde das farbenfrohe hinduistische Frühlingsfest namens Holi mittlerweile auch in Osterburg gefeiert.

Auch den Weg in Richtung Westen ist Nguyen Tien Duc gegangen, das schon vor 40 Jahren, von Vietnam in die DDR. Er kam als Maschinen- und Anlagenbauer nach Magdeburg, studierte auch Ingenieurspädagogik. Er blieb Magdeburg treu, auch als er nach der Wende arbeitslos wurde. „Es war eine schwierige Zeit damals, auch für viele DDR-Bürger“, blickte er zurück. Doch Nguyen biss sich durch, stieg in die Ausländerarbeit ein, arbeitet heute im Interkulturellen Beratungs- und Begegnungszentrum der Caritas in Magdeburg.

Tatsächlich hat er mittlerweile mehr Jahre in Deutschland gelebt als in Vietnam, hat Frau und Kinder und Weihnachten wird mit Baum, Geschenken und Karpfen gefeiert. Er spricht hervorragend Deutsch, einen Akzent hat er aber immer noch. „Früher dachte ich, das wäre schlimm, aber es ist ganz das Gegenteil“, meinte er lächelnd. Alle Firmen würden doch immer nach etwas Besonderem, einem Alleinstellungsmerkmal suchen. Und er nannte ein Beispiel, wo der Akzent eben dieses Alleinstellungsmerkmal ist. „Karstadt in Magdeburg hat einen spanischen Lehrling, sein Akzent spricht die Leute an, er macht sehr gute Umsätze.

Obwohl der Verein erst im Juni gegründet worden ist, gibt es schon viele Pläne für Aktivitäten, die den Migranten bei der Integration und den Deutschen beim Kennenlernen der neuen Mitbürger helfen sollen. „Wir planen Abende, an denen immer ein bestimmtes Land von Migranten vorgestellt wird, außerdem soll es internationale Kochabende geben“, zählte Venus Käppler auf. Außerdem wollen sich Migranten an Schulen bei Projekttagen vorstellen. Vor kurzem gab es als Vorbereitung dafür einen Workshop in der Kleinen Markthalle. Und bald soll es auch eine zentrale Anlaufstelle des Vereins in Stendal geben. Einen Raum hat sie sich schon ausgeguckt. „Aber noch ist der Vertrag nicht unterschrieben“, verrät sie nicht, wo.