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Mildes Urteil Letzte Chance für mehrfach Vorbestraften

Vier Monate zusätzlich muss ein 35-jähriger Mann ins Gefängnis, wenn er in den kommenden drei Jahren erneut straffällig wird. Ein Blick nach Stendal.

Von Wolfgang Biermann 15.10.2019, 02:00

Stendal l Eine Fahrerlaubnis hat er nicht, die ist er schon seit Jahren los, wenn er denn tatsächlich je eine besessen hat, wie er behauptet. Gleichwohl ist der gerichtsbekannte 35-jährige Serbe, der als abgelehnter Asylbewerber seit 2016 im Status der Duldung in Stendal lebt, immer wieder am Steuer von Autos unterwegs. Nun hat das Amtsgericht den bislang dreimal in Deutschland vorbestraften Angeklagten zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, die Haftstrafe aber für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Als „letzte Chance“, wie Richter Thomas Schulz sagte.

Am späten Abend des 19. Februar dieses Jahres hatte eine Polizeistreife den 35-Jährigen am Steuer eines Mercedes mit Berliner Kennzeichen fast vor seiner Haustür in der Hans-Schomburgk-Straße erwischt. „Eine Fahrerlaubnis konnte er nicht vorweisen. Ein durchgeführter Drogentest reagierte zudem auf die Einnahme von Cannabis“, hieß es dazu in der Polizeimeldung. Die im Krankenhaus durchgeführte Blutentnahme bestätigte das Ergebnis des Drogenschnelltests: Cannabis-Konsum. Die Erklärung, die der Angeklagte jetzt vor Gericht ablieferte, klang mehr als dubios.

Angeblich hätte ein Freund das in Berlin gekaufte Auto für ihn nach Stendal geholt. Im Wohngebiet Stadtsee hätte er es übernommen. Vor der Fahrt hätte man gemeinsam einen Joint geraucht.

Die Polizei war auf den Mercedes aufmerksam geworden, weil eine Lampe defekt war. Er sei doch „nur um ein paar Ecken gefahren“, übersetzte ein Dolmetscher die Erklärung des Mannes, der wohl seit 2014 in Deutschland lebt, aber kaum ein Wort Deutsch spricht. Angeblich lebt er mit seiner Lebensgefährtin und mehreren Kindern hier von monatlich 290 Euro Sozialhilfe.

Die Staatsanwältin hatte zur Bewährungsstrafe noch 100 Stunden gemeinnützige Arbeit gefordert, die hatte das Gericht aber nicht ausgesprochen. „Wie soll er die denn machen, wenn er nicht mal versteht, was er tun soll“, begründete Richter Schulz. Eine zugleich geforderte 18-monatige Sperrfrist vor der zumindest theoretisch möglichen Erlangung einer Fahrerlaubnis verhängte das Gericht aber.

Warum er denn überhaupt ein Auto gekauft habe, wenn er doch keine Fahrerlaubnis besitzt, wollte Richter Schulz wissen. Seine Lebensgefährtin hätte angeblich den Führerschein machen wollen, lautete die Begründung.

Im Dezember 2017 berichtete die Volksstimme erstmals über den Angeklagten. Wegen Unfallflucht, Beleidigung, Ladendiebstahl und mehr- fachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis war er zu 1500 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Da hatte er behauptet, eine „für ganz Europa gültige“ serbische Fahrerlaubnis zu besitzen, die ihm aber gestohlen worden sei.