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Misshandlung Stendaler hat Stiefsohn misshandelt

Stendaler misshandelt drei- bis vierjährigen Stiefsohn. Die leibliche Mutter schaut weg.

Von Wolfgang Biermann 10.01.2018, 16:25

Stendal l Die Vorwürfe klingen ungeheuerlich. Ein Stendaler soll seinen zur Tatzeit drei- bis vierjährigen Stiefsohn geschlagen und mit heißer Flüssigkeit überschüttet und die leibliche Mutter dabei weggeschaut haben. Seit gestern stehen beide vor der Jugendschutzkammer am Landgericht, der 34-Jährige wegen Kindesmisshandlung und die 35-Jährige wegen Strafvereitelung. Beim Prozessauftakt machte der Vorsitzende Richter Ulrich Galler klar, dass für die Angeklagte auch gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen für eine mögliche Bestrafung in Betracht kommen könnte. Eindringlich mahnte Galler, dass, vorausgesetzt es gebe etwas zu gestehen, ein Geständnis großen Einfluss darauf haben könnte, ob es am Ende eine Haftstrafe mit oder ohne Bewährung geben werde. Würden beide Angeklagte die ihnen zur Last gelegten Taten einräumen und so dem jetzt Sechsjährigen die Aussage ersparen, könnte sich das günstig auf das Strafmaß auswirken.

Daraufhin berieten die Verteidiger mit ihren Mandanten. Nach 50-minütiger Pause kündigten sie umfassende Geständnisse an. Demnach haben sich beide Angeklagte von September 2015 bis März 2016 an insgesamt vier Misshandlungen des Jungen beteiligt. Die Angeklagte räumte ein, dass sie nicht nur zugeschaut habe. „Es tut mir so leid“, gab sie sich reumütig.

Die Angeklagten wollen sich in einer Ausnahmesituation befunden haben. So hat die 35-Jährige zwei Kinder, darunter das Opfer, die zur Tatzeit im wöchentlichen Wechsel bei ihr lebten. Der Angeklagte hat ebenfalls zwei Kinder in ähnlicher Konstellation. Der Junge, um den es geht, wurde als „normal, aufgeweckt und fröhlich“ beschrieben, sowohl von den Angeklagten als auch von der Leiterin der Kita, die der Junge auch heute noch besucht.

Irgendwann sei das aber gekippt, 2015 hätte es eine Wesensänderung bei ihm gegeben. Seitdem sei er „in sich gekehrt“, hätte ins Bett genässt und gekotet, so die Angeklagten. Da hätten bei ihnen die „Nerven blank gelegen“, bestätigen sie auf Nachfrage des Gerichts. Es sei zu den Schlägen gekommen und beim Abduschen des Jungen mit heißem Wasser zu den Verbrühungen. Nachfragen des leiblichen Vaters und der Kita-Erzieher bügelten sie ab – die Verletzungen hätte er sich selbst zugefügt. Im März 2016 ging der Kindesvater mit dem Jungen in die Klinik, dort holte man einen Rechtsmediziner hinzu, der die Verletzungen dokumentierte. Heute wird der Prozess fortgesetzt. Das Urteil wird am 24. Januar erwartet. Auf Kindesmisshandlung steht laut Gesetz Gefängnis: sechs Monate bis zehn Jahre.