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Müllentsorgung Hektisches Treiben bei der ALS

Jahrelang sind Privatleute und Geschäftstreibende um die kostenpflichtige Müllentsorgung im Landkreis Stendal herum gekommen.

Von Bernd-Volker Brahms 21.12.2017, 11:30

Stendal l Bei der Abfallwirtschaft im Landkreis Stendal rauchen die Köpfe. Hunderte, wenn nicht gar Tausende Gewerbetreibende und Privatleute waren jahrelang nicht an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen, obwohl dies laut Satzung zwingend erforderlich ist. In den letzten Monaten wurde fieberhaft daran gearbeitet, Gebührenpflichtige auch ans System anzuschließen. Es wurden Sonderschichten gefahren, das Personal aufgestockt. Weiteres Personal wird gesucht.

Bei der ALS Dienstleistungsgesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter des Landkreises, hat man es lange Zeit scheinbar nicht so eng gesehen und hat die Kundendateien nicht sauber gepflegt. Datensätze von kommunalen Gewerbeämtern, die täglich aktualisiert und übermittelt werden, wurden komplett ignoriert. Bei Privathaushalten wurde lediglich der Gebührenpflichtige geführt, nicht aber die noch mit im Haushalt lebenden Personen. Nebenwohnsitze fielen durchs System. Nachgefasst wurde kaum.

Bürger beschwerten sich über die Vorgänge nicht, da sie im Zweifelsfall von der Schludrigkeit profitierten. Das ganze Ausmaß der Misere wurde erst dadurch deutlich, dass bei der Entsorgung der Leichtverpackungen („Gelbe Tonne“) ab 2015 die Tangerhütter Firma Cont-Trans ins Spiel kam. Das Unternehmen pochte darauf, dass nur denjenigen eine Gelbe Tonne zustand, die auch ans Abfallsystem des Landkreises angeschlossen waren. Ein fortwährender Ärger setzte ein.

Wie löcherig die ALS-Kartei lange war, zeigt das Beispiel, dass noch Ende 2016 Müllanfahrstellen in Stendal Süd im System waren, obwohl es dort seit Sommer 2014 keine Bewohner offiziell mehr gab.

Ungemach kommt derzeit auch von juristischer Seite für die Verwaltungsspitze des Landkreises, da ein Einwohner über seinen Magdeburger Rechtsanwalt Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Landrat Carsten Wulfänger (CDU) eingereicht hat. Diesem geht es darum, dass die Gebühren im Müllbereich über Jahre nicht richtig kalkuliert wurden und dadurch möglicherweise ein Schaden entstanden ist. Der Einwohner hat auch Anzeige erstattet, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen. Es gab erste Vernehmungen.

In einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung des Ordnungsausschusses sowie des Kreis-, Personal- und Vergabeausschusses am Donnerstag im Landrats-amt (Raum Osterburg) wird es um die Dienstaufsichtsbeschwerden gehen, die im Februar schon einmal auf der Tagesordnung des Kreistages standen, aber kurzfristig wieder runter genommen wurden. Rechtsanwalt Michael Moeskes wird dort als Rechtsvertreter des beschwerdeführenden Einwohners reden.

Bereits im Kreistag vor einer Woche berichtete der Landrat darüber, dass für 2017 bei der ALS höhere Erlöse zu erwarten sind. In den vergangenen Jahren lagen diese bei rund 7,3 Millionen Euro. Der höhere Erlös hat sicherlich auch mit der höheren Anschlussquote zu tun. Allerdings hatte der Landkreis in einer Anfrage der Volksstimme darauf verwiesen, dass die Zahl der angeschlossenen privaten Haushalte vom 30. November 2016 bis 30. September 2017 von 55 716 auf 55 226 gesunken sei (-490). Bei den Gewerben stieg die Zahl allerdings im selben Zeitraum von 4702 auf 5354 (+652).

Man muss konstatieren, dass die Zahl der Erstbescheide gegenüber den Endabrechnungen stark gestiegen ist. Während die Zahl der jährlichen Endabrechnungen in den vergangenen fünf Jahren nahezu bei etwa 3500 jährlich lag, schickte die ALS innerhalb von zwölf Monaten (1.10.2016-30.9.2017) 4556 Erstbescheide raus. Die Zahl lag 2013 bei 3572 und damit rund 1000 Bescheide geringer. Bei den Zahlen ist zu berücksichtigen, dass Privathaushalte und Gewerbe in der Statistik zusammengefasst sind. Der Anstieg muss dabei auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Einwohnerzahl im Landkreis Stendal sinkt.

Um „die Unschärfen“ in der Kartei, wie es ALS-Geschäftsführein Madlen Gose in mehreren Ausschüssen ausgedrückt hat, zu beseitigen, wurden Ende 2016 nach Kreisangaben 5700 Privathaushalte und 2450 Gewerbebetriebe angeschrieben, um deren Status zu klären. Viel wurde 2017 abgearbeitet.

Allerdings ist immer noch viel zu tun. Aktuell sucht der Landkreis einen Mitarbeiter, der sich vorrangig mit der „Einleitung von Verfahren zur Durchsetzung von Anschluss- und Benutzungszwang“ beschäftigen soll.