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Müllentsorgung Hunderte Firmen nicht im System

Jahrelang waren viele Unternehmen im Landkreis Stendal nicht an die Müllentsorgung angeschlossen.

Von Bernd-Volker Brahms 26.10.2017, 01:01

Stendal l Im Landkreis Stendal waren Hunderte Gewerbetreibende über Jahre nicht an das kreisliche Müllsystem angeschlossen und zahlten entsprechend keine Gebühren.

Innerhalb eines Jahres erhöhte sich die Zahl der angeschlossenen Betriebe um 652 auf 5354, wie die Pressestelle des Landkreises Stendal auf Anfrage der Volksstimme mitteilte.

Die Zahl der neu angeschlossenen Unternehmen dürfte sich in den kommenden Monaten noch um einiges erhöhen, wie Geschäftsführerin Madlen Gose von der ALS Dienstleistungsgesellschaft bestätigt.

Ende 2016 hatte die ALS – die kreiseigene Müllentsorgungsfirma – einen Datenabgleich der eigenen Kundenkartei mit denen der kommunalen Gewerbeämter vorgenommen und eine erhebliche Diskrepanz festgestellt. Um Klarheit zu schaffen, wurden nach Angaben des Landkreises 2450 Anhörungsschreiben an Firmen versandt, etwas mehr als die Hälfte meldete sich zurück.

Im Rücklauf der Anhörungsschreiben wurden 712 Anträge auf Befreiung von der Anschluss- und Gebührenpflicht gestellt, die sich nach Angaben von Behördensprecherin Angela Vogel noch in der Bearbeitung befinden. Das Umweltamt des Landkreises Stendal ist dafür zuständig. In Ausnahmefällen können sich Firmen von der Pflicht befreien lassen, wenn sie nachweisen, dass sie keine überlassungspflichtigen Abfälle haben oder diese ordnungsgemäß auf andere Weise entsorgen.

Als Resultat der Anhörungsschreiben gab es Hunderte neue Anmeldungen, wie viele, das teilt der Landkreis Stendal nicht mit. Sie gibt nur die oben genannte Differenz von 652 angeschlossenen Gewerben an. 569 Anhörungsschreiben blieben ohne Reaktion. Hier wird in den kommenden Wochen ein Zwangsanschluss geprüft, wie der Landkreis mitteilt.

Darüber hinaus konnten 513 Schreiben gar nicht zugestellt werden, die Briefe kamen mit „unzustellbar“ zurück. „Wir werden die Daten an die kommunalen Gewerbeämter weiterleiten“, kündigte Gose an. Es habe sich herausgestellt, dass die von den Rathäusern bereitgestellten Daten zu den Gewerbetreibenden vielfach veraltet gewesen seien.

Bei den 652 neu angeschlossenen Gewerben handelt es sich nach Angaben des Landkreises Stendal bei 64 Prozent der Fälle um sogenannte Kombi-Objekte. Das heißt, die Gewerbetreibenden entsorgen ihre gewerblich anfallenden Abfälle über einen auf dem Grundstück befindlichen Restabfallbehälter des Privathaushaltes. Hiermit erkläre sich auch, dass die Zahl der Restabfalltonnen von 2016 auf 2017 sich nur unwesentlich geändert haben.

Aber warum konnte es zu diesem massenhaften Nichtanschluss kommen? „Es sind fast ausschließlich Gewerbe aus Altbestand aus den 90er Jahren“, sagt Gose. Es sei 2003 mit Inkrafttreten der Gewerbeabfallverordnung versäumt worden, im Landkreis Stendal alle Gewerbe zu erfassen.

Dass im Landkreis Stendal auch darüber spekuliert wird, dass es nicht nur Hunderte Gewerbetreibende gibt, sondern auch Tausende Privathaushalte nicht angeschlossen waren, dass will Gose nicht bestätigen. Vielmehr sei die Zahl innerhalb eines Jahres bis zum 30. September 2017 um 490 Haushalte gesunken. Zu dem Zeitpunkt waren 55.226 Haushalte angeschlossen. Wie viele neu angemeldet und abgemeldete Haushalte es in dieser Zeit gegeben habe, könne als absolute Zahl nicht gesagt werden, sagte Madlen Gose.

„Das Thema wird bei uns in der Fraktion heiß diskutiert“, sagte Helga Paschke (Linke) im Umweltausschuss des Landkreises Stendal. Dort hatte Madlen Gose erläutert, dass im Abfallbericht 2015/16 die Zahl der angeschlossenen Privathaushalte um 2900 habe nach oben korrigiert werden müssen, dies aber lediglich ein statistischer Fehler gewesen sei. Die Haushalte seien allesamt bei den Abfallgebühren veranschlagt worden. Jedoch seien bei Wohnblocks auf hundert Grundstücken nur diese gezählt worden, statt jeden Haushalt zu erfassen.