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Museum Bauruine als Schreckgespenst

Die Entscheidung über einen weiteren Nachschlag für das Winckelmann-Museum über 495.000 Euro hat der Stendaler Stadtrat vertagt.

Von Volker Langner 16.10.2018, 18:29

Stendal l Wieder einmal schlugen die Wellen hoch bei der Diskussion um einen Nachtrag für die Arbeiten am Winckelmann-Museum. Meinungen prallten aufeinander. Die Spanne reichte von Nötigung und Irreführung der Stadträte, die nicht mehr hingenommen werden dürften, bis zum Risiko, das Museum zu einer Bauruine verkommen zu lassen und der Stadt einen Imageschaden zuzufügen.

Am Montagabend traf der Rat noch keine Entscheidung. Er folgte mit recht klarer Mehrheit (29-mal Ja, sechsmal Nein, eine Enthaltung) dem Antrag von Joachim Röxe, Vorsitzender der Fraktion Die Linke/Grüne, die Beschlussfassung auszusetzen. Sie soll während der nächsten Ratssitzung am 3. Dezember erneut auf der Tagesordnung stehen oder möglicherweise Inhalt einer außerordentlichen Stadtratssitzung sein.

Vor Röxes Antrag hatte sich bereits Hardy Peter Güssau als Fraktionsvorsitzender von CDU/Landgemeinden für eine Sondersitzung ausgesprochen, denn: „Ich kann mich nicht entscheiden.“ Zu viele Fragen seien offen geblieben, begründete er und stellte eine davon in den Raum: Könne garantiert werden, dass es bei der geforderten Zulage von 495.000 Euro bleibt?

Zur Erinnerung: 2,3 Millionen Euro waren im Jahr 2015 für Umbau und Erweiterung des Winckelmann-Museums veranschlagt worden. 230.000 Euro wollte die Stadt beisteuern, die weiteren 90 Prozent kommen als Förderung vom Land. Im September 2017 stimmte der Stadtrat einem ersten Nachtrag von 478.000 Euro zu – zähneknirschend zwar, aber mit der Versicherung, dass es bei diesem einen Nachschlag bleibe. Nun aber ein zweiter Nachtrag.

Auch Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) erinnerte an die September-Sitzung 2017 und sagte, die Unterschrift unter die Vorlage zum zweiten Nachtrag sei ihm nicht leicht gefallen. Er sprach aber auch von einem Winckelmann-Museum mit „nationaler und internationaler Ausstrahlung“ und bat die Räte um eine „nüchterne Abwägung“ der Fakten: Bei einer Ablehnung würden Ansehensverlust für die Stadt, verringerte Fördermittelchancen, ein Baustopp drohen. Eine Zustimmung bedeute zwar Mehrkosten, aber eben auch ein vollendetes Sanierungsvorhaben. Schmotz: „Wir müssen das Projekt zu Ende führen.“

Nüchternheit und Sachlichkeit legte auch Röxe seinen Ratskollegen ans Herz. Auch seine Fraktion betrachte den Nachschlag kritisch. Er verstehe, dass Räte sich betrogen fühlten und sauer seien, aber sie dürften nicht aus einem „Bauchgefühl“ heraus entscheiden.

Ein erster Fehler bei der Bauplanung sei gewesen, dass der Stadtrat mit dem Eigenanteil von 230.000 Euro die Gesamtsumme für die Arbeiten am Museum auf 2,3 Millionen Euro beschränkt habe, betrieb Röxe Ursachenforschung und forderte damit Widerspruch heraus. Reinhard Weis (SPD) hielt entgegen, es sehe da keinen Fehler des Stadtrates. Der liege vielmehr beim Bauamt, das sich nicht an den Beschluss des Rates gehalten habe. Und auch er fragte, ob der nun angepeilte zweite Nachschlag wirklich der letzte sei.

Herbert Wollmann, Fraktionsvorsitzender SPD/FDP/Piraten/Ortsteile, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die in Aussicht gestellten Fördermittel für den 495.000-Euro-Nachtrag vom Vorjahr immer noch nicht bewilligt sind. „Was ist, wenn die Fördermittel nicht kommen?“ Wollmann sieht den Stadtrat „hinters Licht geführt“. Zumal er eine Aussage von Schmotz bestritt, die Stadt habe zeitnah nach der Entscheidung von 2017 Fördermittel für den Nachtrag beantragt.

Marcus Faber (FDP) sieht zudem ein strukturelles Problem bei städtischen Bauvorhaben frei nach dem Motto: „Das ist ein öffentliches Bauvorhaben, da wird schon etwas schiefgehen.“ Und Björn Dahlke (Grüne) beklagte, der Rat werde vor die Alternative gestellt, Mehrkosten und damit die Ausgabe von Steuergeldern zu beschließen oder den Museumsbau gegen die Wand fahren zu lassen.

Henning Richter-Mendau (CDU) kritisierte in diesem Zusammenhang die fehlende Kontrolle durch die Verwaltung. Er berichtete von einem Besuch kürzlich auf der Baustelle. Das bauliche Umfeld sei „erschreckend unfertig“, schätzte er ein, und die anvisierte Eröffnung am zweiten Dezemberwochenende bestenfalls in einem Provisorium möglich. Er sprach sich für eine Eröffnung am 8. Juni 2019 aus, dem 251. Todestag Johann Joachim Winckelmanns. Dann bliebe auch die Zeit, die notwendigen Arbeiten und die Kosten realistisch auszuloten.