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Museum Winckelmann-Gesellschaft fehlt Geld

Das neue Winckelmann-Museum in Stendal in der Altmark will interaktiv sein, doch es fehlt Geld.

Von Thomas Pusch 08.12.2017, 00:01

Stendal l Museen wollen weg von ihrem verstaubten Image. Interaktivität ist das Zauberwort. Der Besucher soll ins Museumsgeschehen einbezogen werden, sich nicht nur Exponate anschauen und Texttafeln durchlesen dürfen. Auch das Winckelmann-Museum hat sich vorgenommen, sich ab der Neueröffnung am 26. Mai kommenden Jahres frischer und für neue Zielgruppen zu präsentieren.

Studierende der Hochschule Magdeburg-Stendal entwickelten im vergangenen Wintersemester innovative Kommunikations- und Medienformate für die neu konzipierte Dauerausstellung des Museums. Am Donnerstagabend wurden sie im Rahmen der Winckelmann-Festwoche im Audimax der FH vorgestellt. Geleitet wurde die Projektgruppe von Prof. Michael A. Herzog (Wirtschaftsinformatik) und Prof. Dominik Schumacher (Interaction Design). Schumacher, dessen Studienfach sich eben mit der Anwendung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien befasst, kommt aus dem Museumsgestaltungsbereich. „Da kam mir der Auftrag aus dem Winckelmann-Museum sehr entgegen“, sagte er.

Zunächst stieg die Projektgruppe tief in die Recherche ein, machte sich mit Winckelmann und seiner Zeit vertraut. Zurück aus Barock und Rokoko, machte sie sich darin, die Geschichte von Winckelmann auf moderne Art zu erzählen. Es entstanden fünf Prototypen.

 

Bei diesem Kartenspiel werden Karten aus vier Bereichen auf einen Projektionstisch gelegt. Dann bekommt der Museumsbesucher nähere Informationen über Geldgeber, Freunde, Mitarbeiter und Geliebte Winckelmanns. „Die Umgebung sollte eine gemütliche Tavernenatmosphäre darstellen“, erläuterte Schumacher.

 

Durch Münzen bewegen sich Spielfiguren auf einer Landkarte. An jeder Etappe wird geschildert, was Winckelmann dort erlebt hat. „Seine finanziellen Probleme haben ihn unter anderem dazu gebracht, von Stendal nach Dresden zu gehen“, gab Schumacher ein Beispiel.

 

Ein Buch, ein Monitor und eine Skulptur sind die Bestandteile dieses Elements. Der aus dem letzten Jahrhundert vor Christus stammende Torso gehört zum Bestand der Vatikanischen Museen und es sind nur Rumpf und Oberschenkel erhalten. An dieser Station entstehen durch Markieren einer Textstelle auf dem Bildschirm Simulationen, wie die komplette Skulptur ausgesehen haben mag.

 

Gemme sind Schmucksteine, in die Bilder eingeschnitten sind. Winckelmann hat tausende davon katalogisiert. Für diese Station bekommen die Besucher ein Sammelheft in die Hand gedrückt, in dem sie Mitnehmsel wie Landkarten oder Stempel zusammentragen können. An einem interaktiven Tisch können dann durch Auflegen der Karte Einzelheiten zu Winckelmanns Reisen abgerufen werden, ein Erzähler schildert, was passiert ist.

 

Wie Schmuckstücke können die Gemme an dieser Etappe angefasst werden, kleine Kärtchen mit QR-Code führen zu einer näheren Beschreibung. „Überlegt wurde auch, die Gemme mit einem Relief zu versehen, um auch Blinden ein Entdeckungserlebnis zu verschaffen“, sagte Schumacher.

Zwei Enttäuschungen mussten die Beobachter dieser Präsentation allerdings verkraften. Die Vorstellung blieb zweidimensional. „Es handelte sich nur um Prototypen, die größtenteils schon wieder auseinandergebaut sind“, erklärte Herzog. Teilweise seien die Bestandteile schon wieder in neuen Objekten verbaut. Und es erscheint fraglich, ob sie überhaupt im Winckelmann-Museum zu sehen sein werden. „Wir sind auf der Suche nach Geld“, sagte Max Kunze, Präsident der Winckelmann-Gesellschaft. Mindestens 40 000 Euro würde jede der entwickelten Stationen kosten. Allerdings sieht er keinen Grund, deshalb das Museumskonzept abzuschreiben. „Wir haben bereits andere interaktive Elemente, die auch mit moderner Technik wie Touchscreens bedient werden“, sagte er am Donnerstag gegenüber der Volksstimme. Noch sei auch keine Firma gefunden worden, die aus den Prototypen alltagstaugliche Geräte produziert. „Das Projekt ist nicht tot, aber es muss wachsen. Kunze kann sich gut vorstellen, dass zumindest eine der fünf Stationen bei der Eröffnung im Museum sein wird.

Ganz modern in Mediensesseln werden auch Filmclips im neuen Winckelmann-Museum vorgeführt. Wissenschaftler von Weltruhm, Archäologe Prof. Bernard Andreae und der Kunsthistoriker Prof. Arnold Nesselrath, betrachten in Interviews die schon von Winckelmann beschriebenen Meisterwerke aus moderner Sicht. Entstanden sind die Filmaufnahmen in Zusammenarbeit mit dem Offenen Kanal, gedreht wurde in den Vatikanischen Museen und an der Freien Universität Berlin.