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Musikunterricht Kontrabass - der bescheidene Riese

Als Kontrabassist im Orchester steht man nicht vorn und ist doch unentbehrlich. In Stendal kann man jetzt Kontrabass lernen.

Von Nora Knappe 10.04.2019, 01:01

Stendal l Der Bass, heißt es, ist das Fundament eines jeden Musikstücks. Doch so, wie das Fundament eines Hauses zwar unerlässlich ist, jedoch unter dem herzeigerischen Aufbau zur Unsichtbarkeit verdammt wird, scheint es auch den Kontrabässen im Orchester zu gehen: Irgendwie sind sie da und wichtig, aber man bekommt sie kaum mit – zumal sie meist irgendwo abseits des voluminösen Violingewimmels stehen und sich klanglich nicht gerade aufdrängen.

„Der Kontrabass steht nie im Vordergrund, ist aber das wichtigste Instrument“, ist Veit Rothaupt überzeugt. „Man kann im Orchester unbewusst führen, indem man einen Klangteppich legt. Gerade in der Barockmusik gibt man mit dem Kontrabass das Fundament, und man hört, wenn er fehlt.“ Rothaupt muss es wissen, er hat Musik studiert, Schwerpunkt Kontrabass. Der 29-Jährige wirkt selbst genauso bescheiden-hintergründig wie das von ihm charakterisierte Instrument.

Was dieses ob seiner Größe durchaus sehr beeindruckende und für manchen daher auch abschreckende Instrument alles kann, möchte Veit Rothaupt nun gern anderen beibringen. Ab Sommer kann man bei ihm in der Musik- und Kunstschule Stendal Unterricht nehmen. Denn während es dort für den Jazzbereich bereits einen Basslehrer gibt, ist der klassische Bereich bislang verwaist. „Da könnten sich die Schüler dann durchaus auch mal austauschen“, blickt Schulleiterin Maike Schymalla voraus, „es ist ein Instrument, bei dem man sehr gut die Stilrichtung wechseln kann. Als Wanderer zwischen den Welten gewissermaßen.“

Angesprochen sind Erwachsene ebenso wie Kinder (ab 6 Jahren), denn für die Kleineren gibt es auch kleinere Instrumente – die man sich übrigens ausleihen kann. Seinen Schülern möchte Veit Rothaupt die technischen Grundlagen des Kontrabasses vermitteln und vor allem das Spielen mit dem Bogen. „Die Stilrichtungen sind dann offen.“

Aufs Unterrichten freut er sich, hat er doch im Studium an der Musikhochschule Stuttgart die neueste Methodik mitbekommen, gerade was das Kontrabasslernen mit Kindern angeht. „Früher war das Lehrmaterial stinklangweilig gewesen.“

Angst haben müsse man vor dem eindrucksvollen Instrument nicht. „Viele denken, sie brauchen dafür ganz viel Kraft, aber das stimmt nicht“, sagt Veit Rothaupt, der den Kontrabass erst mit 14 für sich entdeckt und zuvor Klavier gelernt hat. Auch vor der scheinbar unergründlichen Verortung der Töne auf dem langen Griffbrett müsse man sich nicht fürchten, „es gibt ein Griff­system, das man lernen kann“. Schulen müsse man insbesondere das Gehör, um bei den tiefen Frequenzen, in denen sich ein Bass bewegt, die Töne gut herauszuhören.

Bei aller postulierten Bescheidenheit hat der klassische Kon­trabass durchaus das Zeug zum Protagonisten: Patrick Süßkind widmete ihm ein Solo-Theaterstück, Camille Saint-Saëns ließ ihn im „Karneval der Tiere“ als Solist den Elefanten darstellen, und Veit Rothaupt spielt ihn solistisch in einem Klassik-Trio in Kalbe. Dort wohnt er seit vorigem Jahr mit seiner Frau Anne. Während sie die Musik zum Beruf machen konnte und als Violinistin im Staatsorchester Braunschweig spielt, ging das bei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht. Darum absolvierte er nach dem Studium eine Lehre zum Uhrmacher und hat nun in Kalbe eine Anstellung gefunden.

Auf den ersten Blick eine staunenmachende Berufswahl – hier die filigrane Mechanik, da die groben Saiten. „Das eine ist dem anderen nicht hinderlich, es passt für mich perfekt zusammen“, sagt Veit Rothaupt, dessen Großvater ebenfalls Uhrmacher ist. „Es sind beides wahnsinnig konzentrierte Tätigkeiten.“ Den Entstehungsprozess einer Uhr von Anfang bis Ende zu begleiten, sei so ähnlich, wie sich ein Musikstück bis zur Aufführungsreife zu erarbeiten.

Uhr und Musikinstrument, so erkennt man, haben viel gemeinsam. Beide brauchen den Takt. Und sie sind auf ganz eigene Weise Handwerk. Bei beiden führen technische Prinzipien, gepaart mit Feingefühl und Inspiration, zu ästhetischer Harmonie.

Wer erst einmal ausprobieren möchte, ob der Kontrabass überhaupt was für ihn oder sie ist, kann am Sonnabend, 13. April, zum Tag der offenen Tür der Musikschule Stendal gehen. Ab 14 Uhr kann man sich dort umschauen und informieren, und es gibt kostenlosen Schnupperunterricht an Instrumenten, auch dem Kontrabass. Infos und Anmeldung: Tel. 03931/210602.