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Nach dem Brand Feuer hat nur Trümmer hinterlassen

Den 26. August wird das Tangermünder Ehepaar Ziemer in böser Erinnerung behalten. Ein Brand wütete in ihrem Haus in der Langen Straße.

Von Rudi-Michael Wienecke 08.09.2016, 01:01

Tangermünde l Noch über 30 Grad zeigte das Thermometer an diesem Freitagabend, als einige Tangermünder Feuerwehrmänner mit ihren Staffel beim Lichterlauf sportlich gefordert wurden. Dann heulte um 21.41 Uhr die Sirene und nun wurde es richtig ernst für sie. Durch einen technischen Defekt an einem Hochleistungskühlschrank kam es zum Brand in einer Eisdiele in der Langen Straße. Das Feuer fraß sich von der unteren Etage durch die Zwischendecke in die Wohnung darüber. Dicker Schwarzer Rauch erschwerte die Brandbekämpfung. Die Tangermünder Kameraden mussten Verstärkung anfordern, bis in die Morgenstunden zog sich der komplizierte Einsatz hin.

Während die Trupps unter Atemschutz noch den Brandherd lokalisierten, versuchten die Goldschmiedin Anke Ziemer und ihr Ehemann die Eltern zu erreichen. Die Polizei in einem Nordseebadeort musste schließlich eingeschaltet werden. Jürgen (75) und Friederike (74) Ziemer plauschten vor ihrem Wohnmobil ahnungslos mit den Campingnachbarn, genossen den Urlaub, als plötzlich drei Polizeibeamte vor ihnen standen und die Hiobsbotschaft überbrachten: „Wir haben eine schlimme Nachricht für Sie. In Tangermünde brennt gerade ihr Haus ab..."

Für die Ehefrau war das zu viel, ihr Kreislauf versagte. Der Notarzt wies sie sofort in ein Krankenhaus ein. Ihrem Mann stand eine lange Nacht bevor. Ununterbrochen telefonierte er mit den Kindern in der Heimat, die ihn auf dem neusten Stand hielten. Am nächsten Morgen konnte Friederike Ziemer aus dem Krankenhaus entlassen werden, beide traten die schwere Heimreise an.

Seit 1968 wohnt und arbeitet das Goldschmiedeehepaar in Tangermünde. 1996 kauften sie das Grundstück neben ihrem eigenen, investierten darin viel Geld, ließen es kernsanieren. 2005 übergaben sie ihr Geschäft samt Haus der Tochter, bezogen die neue Wohnung im nun modernisierten Fachwerkhaus nebenan. In der unteren Etage zog die Eisdiele ein. Die Ziemers wollten unbeschwert ihr Rentnerdasein genießen.

Nun wohnen die beiden Senioren in einer Tangermünder Ferienwohnung. Täglich stehen sie vor den Trümmern, die das Feuer ihnen hinterlassen hatte. Beim Blick in das einstige Schlafzimmer läuft Anke Ziemer ein kalter Schauer über den Rücken. Wären ihre Eltern nicht zufällig im Urlaub gewesen, wären sie in diesem Raum höchstwahrscheinlich erstickt, bevor die Feuerwehrleute sie hätten retten können.

Obwohl die Kameraden eine sogenannte Löschlanze einsetzten, mit der sie in Mauerwerkszwischenräume vordrangen um Wasser fein zu vernebeln, dadurch auch den Wasserschaden in Grenzen hielten, besteht das Gebäudeinnere nur noch aus Sondermüll. „Die Wohnung ist komplett hin“, bilanziert Jürgen Ziemer schon wieder gefasst. Die giftigen Rauchgase krochen in die letzte Ritze. Alles muss rausgerissen werden, die nächste Kernsanierung steht an. Der Senior rechnet damit, dass er und seine Frau noch eineinhalb Jahre warten müssen, ehe sie ihre Wohnung wieder beziehen können.

Mobiliar, Gegenstände oder Erinnerungsstücke, die nicht zerstört wurden, sind von einer rußig-giftigen Schicht überzogen. Mit Umzugsunternehmen wird alles nach und nach nach Magdeburg gebracht, damit es dort in einer Spezialfirma gereinigt und entgiftet werden kann. Auch kleidermäßig stehen die Rentner vor einem Neuanfang. Ihnen blieben nur die Sachen die sie auf dem Leib trugen und das Urlaubsgepäck.

„Es hätte aben alles noch viel schlimmer kommen können“, so Friederike Ziemer mit Tränen in den Augen. Die Giebel der Fachwerkhäuser in der Innenstadt stehen dicht an dicht. Tangermünde hätte in Flammen stehen können. „Tapfer, fachmännisch und umsichtig haben die Feuerwehrmänner ein Inferno verhindert, ihr Leben riskiert", so die Seniorin voller Hochachtung. Über 80 Frauen und Männer aus Tangermünde, Miltern, Hämerten, Bölsdorf, Buch, Langensalzwedel, Grobleben, Storkau und Stendal waren die Nacht hindurch mit 17 Fahrzeugen im Einsatz. „Diesem Großaufgebot sind wir ewig dankbar", versichern die Ziemers.