Mögliche Verzweiflungstat am gestrigen späten Nachmittag / Suche nach Tätern mit Fährtenhund noch vor Ort Neugeborenes in Tangerhütter Rathaus ausgesetzt
Ein neugeborenes Mädchen wurde gestern am späten Nachmittag in einer möglichen Verzweiflungstat im Fahrstuhl des Tangerhütter Rathauses abgelegt. "Es hatte noch die Nabelschnur und Käseschmiere dran", sagte Mitarbeiterin Gabriele Pukallus. Sie hatte das Baby im Arm gehalten, bis der Rettungsdienst und die Polizei eintrafen.
Tangerhütte/Stendal l Zwei Rathausbesucher, die zur Kasse wollten, hatten das Neugeborene im Fahrstuhl liegend gefunden und Gabriele Pukallus herbeigerufen. Sie alarmierte mit ihren Kollegen den Rettungsdienst und die Polizei. "Wenn man selbst Oma ist und es bald zum zweiten Mal wird, dann geht das nicht spurlos an einem vorbei", sagte sie.
Wer das Kind dort abgelegt haben könnte, darüber gab es gestern vor Ort keinerlei Hinweise. Es war in ein 1,50 mal 0,50 Meter großes, buntes Badetuch eingehüllt. Es scheint, dass das Baby bewusst an einem Sprechtag im Rathaus an der zentralen Bismarckstraße abgelegt worden ist.
Spurensuche der Kripo vor Ort auf Hochtouren
Alle drei Ein- und Ausgänge des Hauses, von denen nur einer von außen zugänglich ist, könnten von der Person genutzt worden sein, denn die Türen könnten auch von innen geöffnet worden sein.
Doch selbst wenn der oder die mutmaßlichen Täter direkt am Besuchertresen im Eingang vorbeigegangen wären und das Kind in einer Tasche dabei gehabt hätten, wäre das nicht aufgefallen, sagt Gabriele Pukallus, die während ihres Dienstes im Foyer sitzt. Die Polizei wollte sich vor Ort noch nicht äußern, die Spurensuche lief derweil auf Hochtouren. Dazu ist auch ein Fährtensuchhund vom Landeskriminalamt aus Magdeburg angefordert und dann eingesetzt worden. Denn durch das pink-, gelb- und türkisfarbene Handtuch, in welches das Kind eingehüllt war, erhofften sich die Ermittler Hinweise auf die Herkunft. Der Rathaus-Fahrstuhl, der auf allen drei Etagen und im Foyer einen Zugang hat, wurde dafür zunächst abgesperrt.
Für Angelika Bierstedt, zweite Stellvertreterin der Tangerhütter Bürgermeisterin, ist der Nachwuchs im Rathaus eine Geschichte, die sie in ihrer langen Dienstzeit noch nicht erlebt hat. Der Schock über die Tat offenbar verzweifelter Eltern oder einer einzelnen Mutter ist gestern im ganzen Haus zu spüren gewesen. Auch wenn der Fund zunächst nur von wenigen Besuchern des Rathauses bemerkt worden war, sprach sich das Ganze schnell in der Stadt herum. Auch Bauamtsleiter Erich Gruber, der derzeit die Bürgermeisterin vertritt, erfuhr erst kurz nach dem Abfahren des Rettungsdienstes davon. "Ich bin froh, dass die Kollegen so schnell und richtig reagiert haben und dem Kind schnell medizinische Hilfe zuteil wurde". Auch er ist selbst Großvater.
Das neugeborene Mädchen ist umgehend nach Stendal in die dortige Kinderklinik des Johanniter-Krankenhauses am Bahnhof gebracht worden. Es war nach Aussage der Zeugen in Tangerhütte am Leben, und es soll ihm in der Stendaler Einrichtung gut gehen. Es sei normal entwickelt und auch gesund entbunden worden, hieß es gestern Abend.
Die Kriminalpolizei ist nun der Kindsmutter auf den Fersen. Das Jugendamt wurde zudem informiert. Dieses leite nun in eigener Zuständigkeit notwendige Maßnahmen ein, informierte die Polizei Stendal am gestrigen Abend.