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Norwegen-Vortrag Weitwurf mit Milchkannen

Pfarrer Stefan Kemper-Kohlhase aus Kläden lebte zehn Jahre lang in Norwegen.

Von Axel Junker 17.05.2017, 01:01

Stendal (aju) l „Was hältst Du dieses Jahr vom Sommer? Nichts. Da war ich gerade auf dem Klo“ – dieser beliebte Nord-Norwegen-Witz gehörte am Freitagabend zu dem unterhaltsamen Vortrag von Stefan Kemper-Kohlhase im Stendaler Gertraudenhospital. Klädens Pfarrer berichtete unter dem Thema „Nordkalotten - Das Land der Fjorde, Berge und Gletscher“ in Wort und Bild von seinem Dienst in der norwegischen Kirche. Zehn Jahre lebte Kemper-Kohlhase mit seiner Familie in Storfjord, am Dreiländereck zwischen Norwegen, Finnland und Schweden. In seinen „Erinnerungen eines Gemeindepfarrers“ räumte er mit so mancher Mythe über das „Land der Gegensätze“ auf.

Für Stefan Kemper-Kohlhase (Jahrgang 1969) gab es nach dem ersten Examen keinen Job. So führte der Weg des angehenden Pfarrers aus Ibbenbüren (Nordrhein-Westfalen) über Bielefeld und Bochum ins 3000 Kilometer entfernte Norwegen. In Storfjord sind von 1800 Einwohnern mehr als 1400 Mitglied der Kirche. „Wenn man da lebt, wird man streng gläubig oder Alkoholiker“, wusste Kemper-Kohlhase zu berichten. „Ich habe mich vom Alkohol fern gehalten.“

Kirche und Staat sind in Norwegen sehr eng verbunden. Hochzeiten und Beerdigungen finden immer kirchlich statt. Bei Gottesdiensten wird die norwegische Flagge gehisst. Den Nationalfeiertag feiern alle zusammen. Nicht nur bei der Gelegenheit wird in der Kirche mit Nationalfahnen gewunken. Gewöhnungsbedürftig für einen deutschen Pfarrer.

Insgesamt vertritt Stefan Kemper-Kohlhase die Meinung, dass die lutherische Kirche in Deutschland viel von Norwegen lernen könne. Seit Jahrhunderten. „Skandinavien wäre die Region gewesen, die keine Reformation benötigt hätte“, erklärte der Pfarrer und Luther-Fan. Weiterhin verwies Kemper-Kohlhase auf Lästadius, den „Apostel der Samen“ (Lappland), auf Rosemarie Köhn, die erste lutherische Bischöfin (1961 in Norwegen ordiniert; stammt aus Rathenow) sowie auf Pfarrerinnen mit Behinderungen.

Stefan Kemper-Kohlhase berichtete davon, wie er in Nordnorwegen zwei Sachsen traute und wie er jährlich einer Motorrad-Clique, die „nie die Kirche betreten würde“, zum Saisonstart den Segen der Kirche erteilte. Ein Bild zeigt den deutschen Ortspfarrer, wie er mit einem Konfirmanden um die Wette Milchkannen wirft. Das Jahrzehnt in Norwegen will Kemper-Kohlhase nicht missen. Was er bis heute in der Altmark vermisst, ist der Lagerfeuer-Kaffee.