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Prozess Mit Gewehr auf Jagd nach Waschbären

Ein Rentner habe Tiere jagen wollen und wurde deshalb angezeigt. Der Fall wird jetzt vor dem Stendaler Amtsgericht neu aufgerollt.

Von Wolfgang Biermann 29.05.2017, 12:57

Stendal l Verstoß gegen das Waffengesetz wird einem Rentner aus dem Norden des Landkreises vorgeworfen. Er soll sich unerlaubt ein Kleinkalibergewehr vom Kaliber .22 (5,6 Millimeter) beschafft haben, um damit auf Jagd nach Waschbären, Mardern und anderem Getier zu gehen. Damit soll er gegenüber einem Waffenhändler den Erwerb des Gewehres begründet haben.

Dieser Händler hatte ihn daraufhin angezeigt und damit die Polizei auf die Spur gebracht. Das Amtsgericht Stendal hatte auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro (1800 Euro) für den bislang nicht vorbestraften Endsechziger erlassen.

Dagegen hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt. Zum daraufhin anberaumten Prozess vor dem Amtsgericht erschien indes in der Vorwoche nur seine Verteidigerin. Die telefonierte daraufhin mit ihrem Mandanten. Er hätte keine Ladung bekommen, gab er zu seiner Rechtfertigung an. In der Tat fand sich in den Gerichtsakten kein Vermerk der ordnungsgemäßen Zustellung seiner Ladung durch die Post. Eine sofort per Internet in die Wege geleitete Suche nach dem Verbleib des Dokumentes blieb erfolglos. Es gebe keine Informationen zu dem Schreiben, ließ die Post wissen.

Glück für den Angeklagten, auch wenn es ja nur einen Aufschub bedeutet. Hätte es den Ladungsnachweis gegeben, wäre sein Einspruch gegen den Strafbefehl ohne weitere Begründung verworfen worden. Er erhält nunmehr eine zweite Chance: Der Prozess wird neu aufgerollt. Ungeachtet des Fehlens ihres Mandanten sondierte die Verteidigerin die Lage bei der Staatsanwältin, ob eine geringere als die im Strafbefehl zugedachte Geldstrafe möglich sei.

„Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine (...) Schusswaffe erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt“, zitierte die Staatsanwältin dazu aus dem Paragraf 52 im Waffengesetz. Und: „Schon der Versuch ist strafbar.“ Soll im Umkehrschluss heißen, so die Staatsanwältin weiter, dass der Rentner mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen statt einer Haftstrafe noch sehr gut bedient sei.

Vorausgesetzt der Senior ist tatsächlich des Waffenbesitzes schuldig, sei hingegen eine geringere Geldstrafe möglich, wenn sich erweisen sollte, dass er nur eine kleine Rente beziehe. Dann könnte der Tagessatz geringer ausfallen als der im Strafbefehl angenommene von 20 Euro – monatliches Nettoeinkommen, in diesem Fall Rente, dividiert durch 30 Tage. Das könnte aber auch nach hinten losgehen, wenn die Rente doch nicht so schmal wäre. Ein neuer Prozesstermin steht noch nicht fest.