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Prozess Mit SS-Parole zur islamischen Gemeinde

Um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ging es am Amtsgericht Stendal.

Von Wolfgang Biermann 27.06.2018, 14:59

Stendal l Der Prozess gegen einen 30-Jährigen aus der Gemeinde Fischbeck platzte letztlich und muss neu aufgerollt werden. Ein wichtiger Zeuge war nicht gekommen. Der wurde vom Gericht zu 150 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft, verdonnert.

„Meine Ehre heißt Treue“ – ein T-Shirt mit dieser SS-Parole aus der Zeit des Nationalsozialismus soll der 30-Jährige am 2. September vorigen Jahres beim sogenannten Opferfest vor und in der Moschee der Islamischen Gemeinde in der Stendaler Lucas-Cranach-Straße öffentlich getragen haben. Außerdem legt ihm die Anklage zur Last, dass er sich am selben Tag mit besagtem T-Shirt und erhobenem rechtem Arm – sogenannter Hitlergruß – hat fotografieren lassen. Dieses Foto soll mit seinem Wissen auf Facebook eingestellt worden sein.

Das Amtsgericht hatte einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in nicht genannter Höhe erlassen. Dagegen hatte der 30-Jährige Einspruch eingelegt. Vor Gericht vertreten wird er von einem der islamfeindlichen Dresdener Pegida-Szene zugerechneten Rechtsanwalt. Wie berichtet, verteidigt dieser in einem anderen Prozess einen der Volksverhetzung angeklagten Tangerhütter. Nicht nur der Anwalt ist derselbe. Auch von den Zuschauern und Prozessbeteiligten fanden sich einige in beiden Verhandlungen wieder.

Bevor der Prozess gegen den 30-Jährigen beginnen konnte, ließ der Vorsitzende Richter den Saal räumen, und mussten sich Zuschauer, Zeugen und Angeklagter einer Kontrolle unterziehen. Im Gerichtssaal selbst wachten drei Justizwachtmeister über den ordnungsgemäßen Verlauf der Verhandlung. Das Tragen des T-Shirts mit der laut Strafgesetzbuch verbotenen SS-Parole vor und in der Stendaler Moschee räumte der Angeklagte unumwunden ein.

Allerdings will er von der Bedeutung des Shirts nichts gewusst haben. Er hätte es erst tags zuvor auf dem Havelberger Pferdemarkt gekauft und nicht gewusst, dass er sich mit dem Tragen strafbar mache, gab der 30-Jährige an. Dass er damit für ein Foto posiert hat, räumte er ebenfalls ein.

Den „Hitlergruß“ will er aber nicht entboten haben. Vielmehr hätte er nur einem Kumpel bei einer privaten Gartenfete den Arm auf die Schulter gelegt. Wer das Foto gemacht und hochgeladen hat, wisse er nicht. Die Polizei hatte dem 30-Jährigen vor der Moschee einen Platzverweis erteilt. Dessen Rechtmäßigkeit lässt der Verteidiger nach eigenen Angaben derzeit gerade prüfen.

Der Termin für den Prozessneubeginn steht noch nicht fest. Dann soll es auch um eine weitere Anklage wegen Körperverletzung gehen.