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Prozess Sparverträge mit lukrativen Prämien gekündigt

Ein Ehepaar klagt vor dem Landgericht gegen die Kreissparkasse Stendal. Eine gütliche Einigung scheint in Sicht zu sein.

Von Wolfgang Biermann 28.08.2017, 23:01

Stendal l Ein Ehepaar aus einem Ort bei Stendal hat vor dem Landgericht Klage gegen die Kreissparkasse Stendal erhoben, weil diese drei sogenannte flexible Prämiensparverträge gekündigt hat. Seit gestern verhandelt Einzelrichterin Nicole Simon diese Klage. Sie machte dem Ehepaar wenig Hoffnung auf Erfolg.

Es scheint aber eine einvernehmliche Lösung in Sicht. Die Volksstimme hatte am vergangenen Montag vorab vom Prozess informiert. Gut 20, ebenfalls von der Kündigung ihrer Langzeitsparverträge betroffene Frauen und Männer hatten sich aufgrund dieses Berichtes im Landgericht versammelt.

Doch bevor es richtig losgehen konnte sorgte ebendieser Bericht für weiteren Wirbel. Der Anwalt der Kläger sah in einem Passus die Unabhängigkeit der Richterin nicht gewährleistet, er stellte einen Befangenheitsantrag. Die Richterin soll demnach im Volksstimme-Bericht gesagt haben, dass sie in drei Wochen das Urteil sprechen werde. Das steht aber so nicht darin. „Bereits am ersten Verhandlungstag werde wohl klar sein, wohin die Reise geht, sagte Sprecher Steenbuck. Das Urteil wird Richterin Nicole Simon aber erst in drei Wochen in einem gesonderten Termin verkünden.“ Damit hatte die Volksstimme gestern nämlich nur den Gerichtssprecher und nicht die Richterin zitiert.

Mit zwanzigminütiger Verspätung begann dann die Güterverhandlung. Worum geht es? Das Ehepaar hat am 17. Juni 1996 einen Prämiensparvertrag abgeschlossen, den die Sparkasse am 5. Dezember 2016 zum 1. April dieses Jahres gekündigt hat. Zwei weitere Verträge schlossen die Kläger am 13. August 2004 ab, die die Sparkasse ebenfalls am 5. Dezember 2016 kündigte, allerdings erst zum 13. November 2019.

Die Spareinlage wird in den Verträgen variabel verzinst, derzeit unter einem Prozent. Lukrativ macht diese Verträge erst eine Prämienstaffelung. Demnach wird am Jahresende auf die abgeleisteten Jahressparraten jeweils eine verzinsliche Sparprämie gezahlt. Die Prämie beginnt im dritten Vertragsjahr mit drei Prozent und steigert sich auf sagenhafte 50 Prozent ab dem 15. Sparjahr.

Im Prozess geht es um recht viel Geld, denn die Kläger besparen ihre Verträge mit insgesamt etwa 1600 Euro monatlich. Das sind jährlich über 19 000 Euro. Ab Erreichen der 50-prozentigen Sparprämie im 15. Laufjahr muss die Sparkasse – pro Jahr – über 9000 Euro an Prämie an die Kläger zahlen. Mit schlechter Kapitalmarktlage und Niedrigzinsphase hatte die Sparkasse die Abweisung der Klage und damit die Rechtmäßigkeit ihrer Vertragskündigung begründet.

Das halte sie eher nicht für eine ausreichende Begründung, sagte die Richterin. Die Sparkasse müsse indes nach Paragraf 488 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gar keinen Kündigungsgrund anführen. Weil es keine gesetzliche Regelung für Prämiensparverträge gebe, sei dieser Paragraf anzuwenden. Die Klage des Ehepaars sieht Richterin Simon hinsichtlich der angeblich bestehenden Vertragsdauer von 25 Jahren nicht hinreichend begründet. Das Paar beruft sich auf einen Sparkassenflyer (liegt dem Verfasser vor), in dem beispielhaft ein Rechenexempel mit einer Sparrate von 150 D-Mark in 25 Jahren Laufzeit gemacht wird.

„Eindeutig ist, dass aus den Verträgen wenig herzuleiten ist“, stellte Richterin Simon fest. Sie könnten aber auch „nicht für alle Ewigkeit gelten“. Für die Richterin liegen die Voraussetzungen für eine Kündigung im Rahmen einer dreimonatigen Kündigungsfrist bei der Sparkasse vor.

Beide Seiten bekundeten Bereitschaft zu einer gütlichen Einigung. „Aber nicht hier und nicht heute“, so Sparkassenanwalt Guido Kutscher. Innerhalb von zwei Wochen wolle man außergerichtlich eine individuelle Lösung mit den Klägern „ausloten“.

Gibt es eine solche Lösung nicht, wird Richterin Simon am 9. Oktober ein Urteil sprechen. Zwei ähnlich gelagerte Verfahren sind bereits am Amtsgericht anhängig.