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Rettungsdienst Neue Rettungswachen sind fraglich

Rolle rückwärts in der Stendaler Kreisverwaltung. Entgegen der Ankündigung stehen die geplanten neuen Rettungswachen auf der Kippe.

Von Bernd-Volker Brahms 02.10.2019, 15:31

Stendal l Eigentlich sollte möglichst bald im Landkreis Stendal damit begonnen werden, den Rettungsdienst neu aufzustellen. Es sollten neue Rettungswachen gebaut und einige bestehende modernisiert und DIN-gerecht hergestellt werden. Ziel war es, dass die gesetzlich vorgesehenen Einsatzzeiten auch geschafft werden. Eigentlich sollen Rettungskräfte in einer Hilfsfrist von zwölf Minuten am Einsatzort sein – dies ist mittlerweile in weniger als 68 Prozent der Einsätze der Fall.

Aus der Reform beim Rettungsdienst wird es erst einmal nichts, wie Sebastian Stoll (CDU) als 2. Beigeordneter zunächst im Ordnungsausschuss und nun auch im Kreistag berichten musste. „Die Krankenkassen gehen bei der Kostenübernahme nicht mit“, sagte Stoll. Bereits vor einem Jahr hatte der 2. Beigeordnete in den politischen Gremien über das Vorhaben gesprochen und auch signalisiert, dass die Krankenkassen bei den Plänen mitspielen würden.

Nun hatten die Fraktionen Linke und SPD einen Antrag in den Kreistag eingebracht. Es solle über den Stand der Umsetzung sowie die Arbeit der Integrierten Leitstelle noch in diesem Jahr in den Ausschüssen berichtet werden. Es solle überprüft werden, ob der Einsatz modularer Rettungswachen (Kauf, Leasing, Anmietung) auf Dauer oder als Übergangslösung eine Option für die zeitnahe Realisierung der gesetzlich geforderten Hilfsfristen sei. Es sollen dabei auch die voraussichtlichen Auswirkungen der zukünftigen Autobahn für den Rettungsdienst mit einbezogen werden.

Helga Paschke (Linke) zeigte sich erstaunt über die Entwicklung. Es habe in der Vergangenheit im Kreistag von der Verwaltung geheißen, dass die Krankenkassen bei dem Modell mitgehen. Der Landkreis Stendal bilde mit dem Harz zusammen das Schlusslicht bei den Hilfsfristen, sagte Paschke. Auch im Landtag habe es schon für ungläubiges Stutzen gesorgt, dass Stendal derart schlecht abschneide, wohingegen der ebenso weitläufige Altmarkkreis Salzwedel ganz gut dastehe. Salzwedel habe schon vor einiger Zeit eine Studie erstellt, bei der empfohlen wurde, dass der Landkreis Stendal in die Hilfeleistungsstruktur und das Finanzieruzngsmodell der Krankenkassen einbezogen werden solle. Dies sei jedoch von Stendal abgelehnt worden, wunderte sich Paschke.

„Wir sollten uns bedingungslos unterwerfen“, sagte Sebastian Stoll. Dies habe man in der Tat abgelehnt. Das Problem mit den Krankenkassen sei erst in diesem Jahr im September aufgetreten, sagte der 2. Beigeordnete. „Die Krankenkassenvertreter haben jetzt erstmals konkret gesagt, was sie an Miete übernehmen wollen“, sagte Stoll.

Die Höhe der Miete ist aber entscheidend für das Modell, dass sich der Landkreis ausgedacht hat. Demnach sollen neue Rettungswachen von privaten Investoren errichtet werden, die dann auf Jahrzehnte eine gesicherte Miete für die Objekte erhalten.

Die Krankenkassen hätten nun die klare Haltung geäußert, dass sie lediglich die ortsübliche Miete von sieben Euro pro Quadratmeter zahlen wollen, erläuterte Stoll. Die neuen Rettungswachen würden allerdings zwischen 860 000 Euro und 1,5 Millionen Euro kosten. „Bei der Miethöhe finden wir keine Investoren“, sagte Stoll.

Auch bei einer Container-Lösung würden die Krankenkassen nicht mitgehen. Sie wollen nunmehr sich alle Standorte individuell ansehen.

Der Landkreis müsse sich jetzt überlegen, ob er das ursprünglich Modell durchzieht und vor das Verwaltungsgericht geht. „Es besteht aber die Gefahr, dass der Landkreis auf einem Millionen-Euro-Betrag sitzenbleibt“, sagte Stoll.