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Ruhestand Der Engel vom Radio verlässt Stendal

Am Donnerstag hat der Leiter des MDR-Studios Stendal, Wolfram Engel, seinen letzten Arbeitstag.

Von Thomas Pusch 25.11.2015, 00:01

Stendal l Schon als Schüler wollte Wolfram Engel Journalist werden – und sein Traum ging in Erfüllung. Im Studio Schwerin von Radio DDR absolvierte der Mecklenburger ein Volontariat, studierte vier Jahre in Leipzig und begann am 1. September 1977 als Hörfunkjournalist im Studio Magdeburg des Senders. „Zusammen mit dem Studio Halle waren wir die Elbe-Saale-Welle und sendeten von fünf bis zehn Uhr ein regionales Programm, so ähnlich, wie wir es heute machen“, erinnert er sich im Gespräch mit der Volksstimme.

Ende 1991 wurde Radio DDR geschlossen, in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen entstand der Mitteldeutsche Rundfunk. Und bei dem bewarb sich Engel. „Im Vorstellungsgespräch wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Studio Stendal aufzubauen.“ Und er konnte. Stadt und Region waren ihm durch die jahrelange Radioerfahrung bekannt.

Nun musste ein geeigneter Standort gefunden werden. Das geschah per Zufall. Engel rief beim damaligen Oberbürgermeister Manfred Haufe (CDU) an, neben dem stand zufällig Blaudrucker Hans-Peter Schmidt, der in seinem Haus am Tangermünder Tor eine frisch sanierte Wohnung freihatte. Das Studio war gefunden. Los ging es am 2. Januar 1992 mit drei Redakteuren und einem Techniker. Der wurde schon im Frühjahr desselben Jahres durch das neue Selbstfahrerstudio ersetzt. Einen Telefonanschluss gab es die ersten Wochen nicht, der kam erst im Februar. Bis dahin wurde das Telefon im Landratsamt genutzt.

„Aus der Altmark und dem Elb-Havel-Winkel für die Altmark und den Elb-Havel-Winkel“ lautete das Motto, das auch heute noch Gültigkeit hat. Täglich gab es morgens 15 Minuten Regionalprogramm, auch die Musik wurde in Stendal bestimmt. Gemeindegebietsreform und die ersten Windräder waren herausragende Themen, Engel live vor Ort, im Gespräch mit den Menschen. Die Sendestruktur ist anders geworden, mittlerweile sind es sieben zweiminütige Einblendungen über den Tag verteilt, von 6.30 bis 17.30 Uhr. „Die Texte sind heute kürzer, prägnanter, selbst Reportagen zumeist nur eine Minute dreißig“, erklärt Engel. Und nicht nur das hat sich verändert. Der Rundfunk ist digital geworden, geschnitten wird nicht mehr mit der Bandmaschine, sondern am Computer. Und das crossmediale Denken hat auch beim Rundfunk Einzug gehalten. So werden mehrere Kanäle bespielt: Radio, Fernsehen und Internet. Trimedial heißt das dann und hatte seine Premiere bei einer Bootstour zur Buga. Internetseite und Teilnahme an sozialen Netzwerken gehören schon lange zum Angebot.

So ist Engel um die Zukunft auch nicht bange, auch nicht um die des Kernmediums. „Das Radio ist schon so oft totgesagt worden und es lebt immer noch“, meint er. Morgens beim Aufstehen oder im Auto werde nach wie vor viel Radio gehört und es gehöre immer noch zu den schnellsten Medien.

Nach fast 24 Jahren Stendal ist am Donnerstag Schluss, Engels letzter Arbeitstag. Doch für ihn kein Grund zur Wehmut, auch wenn er sehr gerne in Stendal gearbeitet und gelebt hat. „Ich gehe mit zwei lachenden Augen, es war eine tolle Zeit, der richtige Job am richtigen Ort“, bekennt er. Mit seiner Frau zieht er wieder nach Magdeburg, will näher an der Familie sein. „Meine beiden Töchter leben in Magdeburg“, erzählt der 63-Jährige.

Nun sollen die Jungen ran. Sein Nachfolger, Felix Moniac, ist 33 Jahre, hat beim MDR volontiert. Engel ist aber nicht aus der Welt und sein nächster Stendal-Termin steht bereits fest: „Silvester feiere ich hier“, verrät er.