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Soziales Engagement Arche holt Container aus Bayern

Der sozial engaggierte Stendaler Verein „Arche" möchte sich erweitern. Er möchte 45.000 Euro für neue Räume.

Von Bernd-Volker Brahms 23.03.2017, 08:47

Stendal l Der Stendaler Verein Arche möchte sich räumlich vergrößern und dazu ausgediente Container aus dem bayerischen Postbauer-Heng übernehmen. „Wir möchten mehr Platz haben, damit wir auch Jugendliche betreuen können“, sagt Mario Tiesies, der zusammen mit Ehefrau Petra den Verein vor neun Jahren gegründet hat und sich in Stadtsee um vernachlässigte Kinder kümmert und ihnen werktags eine warme Mahlzeit und Freizeitbeschäftigung bietet.

Bislang musste der Verein einen Schnitt beim Alter der Kinder machen. Zwölf Jahre. „Ältere kommen dann in die Pubertät und haben andere Bedürfnisse“, sagt Tiesies. Allerdings: „Wenn die hier fünf, sechs Jahre bei uns waren, dann können wir sie auch nicht einfach alleine lassen, das ist unerträglich.“ Von daher sei es schon länger ein großes Anliegen der gesamten Betreuungsmannschaft, dass auch eine Anlaufstelle für Jugendliche geschaffen wird.

45 000 Euro sollen die Container kosten, die der Stendaler Verein aus dem bayerischen Postbauer-Heng übernehmen möchte, wo sie dreieinhalb Jahre als Übergangsquartier bei einem Kindergarten genutzt wurden. „Das ist sehr günstig, die kommen uns sogar noch entgegen“, sagt Tiesies. Rund 20 000 Euro werden noch kalkuliert für Fundament, Transport und Einrichtung.

Der Verein wünscht sich, dass die Stadt die Kosten für die Anschaffung der Container übernimmt, sagt der Vereinsvorsitzende. Ein Antrag auf Kostenübernahme wurde gestellt und darüber bereits im Hauptausschuss in dieser Woche diskutiert. Katrin Kunert (Die Linke) möchte das Geld mit Sperrvermerk noch in den aktuellen Haushalt aufnehmen. Reiner Instenberg (SPD) findet „es nicht einfach, Geld zu geben, ohne zu wissen, ob eine dauerhafte Betreuung der Kinder gesichert“ ist. Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) sieht Spielraum, das Geld als außerplanmäßige Ausgabe zu genehmigen. Im Stadtrat am 3. April soll über den Antrag noch einmal diskutiert werden, sagte er.

Laut Tiesies ist die Finanzierung der Einrichtung zumindest soweit gesichert, dass die Fixkosten wie Miete und für Materialien gesichert sind. Kosten für Mitarbeiter entstehen so gut wie gar nicht, da der Verein mit Praktikanten, Ein-Euro-Jobbern, Freiwilligen und jungen Leuten im Freiwilligen Sozialen Jahr arbeitet. Tiesies selbst ist Hartz IV-Empfänger.

„Wir sind keine Pädagogen“, sagt Tiesies, der gelernter Ofensetzer ist und „Stress mit dem Rücken“ hat. Im Umfeld des Vereins gebe es pädagogische Tipps, so dass auf einer verlässlichen Basis mit den Kindern umgegangen werde, von denen täglich bis zu 25 in die Einrichtung kommen.

„Es gibt klare Regeln“, sagt Tiesies. Dazu zählt, dass nur Kinder in die Einrichtung kommen dürfen, die vormittags auch in der Schule waren. Eine andere Regel ist, dass das Handy abgegeben wird. „Wobei die meisten eh keines haben“, sagt Tiesies. Auch die Schuhe werden ausgezogen und sich mit Handschlag begrüßt – wobei die Kinder meist einmal in den Arm genommen werden.

Beim Essen wird zudem ein Tischgebet gesprochen. „Einmal am Tag danke sagen, das muss drin sein“, sagt Tiesies, der atheistisch aufgewachsen ist und 2005 zum Glauben und zur Vineyard-Gemeinde in Stendal gefunden hat. Außer einer klaren Wertevermittlung spiele die Religion aber im Umgang mit den Kindern keine Rolle, sagt er. Es gibt täglich warmes Essen und eine Freizeit-Betreuung. Dazu steht mittlerweile auch ein Spielplatz zur Verfügung.

Wenn auswärtige Journalisten nach Stendal kommen, um sich anzusehen, warum der Landkreis in der bundesdeutschen Armutsstatistik ganz hinten steht und auch bei den Prognosen für die wirtschaftliche Zukunft nur den 402. von 402 Plätzen einnimmt, dann schauen sie alle gern bei Mario und Petra Tiesies und ihrem Verein Arche in Stendal vorbei.

„Ich wollte nie ins Fernsehen“, sagt der 49-jährige Mario Tiesies, der das Projekt Arche seit acht Jahren betreibt und mit einem Team in Stadtsee in der Ladenstraße beim Altmark-Forum eine Anlaufstelle für Kinder aus sozial schwachen Familien bietet. „Wir sind hier auch Familienersatz“, sagt er. Viele der Kinder würden kaum Aufmerksamkeit von den eigenen Eltern erfahren.

Dass er bei den Medienleuten mitspielt, hat auch den Grund, dass dadurch viele Menschen überhaupt erst auf das Projekt in Stendal aufmerksam werden und dadurch für den Verein überlebenswichtige Spenden hereinkommen. „Noch während der Film im Fernsehen läuft, gucken sich viele unsere Internetseite an“, hat er festgestellt. Damit diese nicht zusammenbricht, wurde die Leistungsfähigkeit erhöht.