Fitnesstreff mit Kinderwagen

Stendal l Eine Kinderwagenparade rollt am Stadtsee entlang. Kurz vor der Pergola stoppt der Konvoi, die Wagenlenker stellen sich im Kreis auf. Und dann gibt Anja Neumann den Ton an. „Lang machen, einatmen! Fallen lassen, ausatmen! Pendeln. Der Bauch ist schön ist fest“, weist die Trainerin an, heizt den Frauen im Rund ein.

Einheizen muss sie auch, schließlich wärmen sich die Mütter für die heutige Kursstunde auf. 60 Minuten absolvieren sie am Stadtsee ein Zirkeltraining. Kräftigungsübungen sollen für einen flachen Bauch, einen knackigen Po und einen starken Rücken sorgen sowie kurze Läufe mit Kinderwagen die Ausdauer steigern. Kurzum: Nach Schwangerschaft und Geburt, die dem Körper einiges abverlangen, wollen die Mütter wieder fit werden.

Anja Neumann bietet die Kurse unter freiem Himmel in Stendal an, am Stadtsee und im August-Bebel-Park. Auch in Tangermünde treffen sich Mütter zum gemeinsamen Sporttreiben. Sie trainiert Sabine Tauscher, die wie Neumann in Hämerten zu Hause ist, am Bleichenberg und im Schlossgarten.

„Ich habe nach der Geburt meines Sohnes selbst an Kursen in Potsdam teilgenommen. Die haben mir gefallen und gut getan. Als ich wieder in die Altmark kam, habe ich nach so einem Angebot gesucht, aber keines gefunden“, erzählt Anja Neumann. Also wurde die junge Frau, die als Horterzieherin tätig ist, selbst aktiv, machte eine Lizenz und rief für Stendal und Tangermünde „Lauf,Mama, lauf“ ins Leben.

Bis zu 18 Mütter nehmen derzeit an den Kursen in den beiden Städten teil, wobei die Teilnehmerinnen unter anderem auch aus Cobbel, Dahlen, Hassel, Tangerhütte kommen. „Vor allem für Tangermünde wünschen wir uns weitere Teilnehmerinnen“, sagt Anja Neumann.

Aus ihrer Sicht kommt der Stärkung des Beckenbodens besondere Bedeutung zu. Aber natürlich steht „Lauf, Mama, lauf“ auch für purzelnde Pfunde und für Muskelaufbau. Für die Muskeln bedient sich die Trainingsgruppe am Stadtsee auch Gummibänder. Die spannt sie bei einer Partnerübung über den Weg, rollt sie ein, als Radler die Gruppe passieren. Eine Radfahrerin lächelt, als sie durch das Spalier fährt und ruft: „Prima. Das habe ich auch mal gemacht.“ Ganz anders reagiert eine zweite Radlerin, die ihr nur Sekunden später folgt: Das Gesicht zur Faust geballt, macht sie den Scheibenwischer.

Den Sportmüttern entlockt diese Geste bestenfalls ein müdes Lächeln. Sie fühlen sich wohl in ihrer Haut, gut aufgehoben im Kurs. „Ich wollte mich nach der Schwangerschaft sportlich betätigen. Da passt der Kurs. Zudem tut die frische Luft gut“, sagt Ina Ringleb aus Stendal, die mit Söhnchen Ben dabei ist. Von einem guten Angebot spricht Josephine Richter, die mit Tochter Lene gekommen ist. Die Stendalerin macht klar: „Ich möchte etwas für mich tun, mich in Form bringen.“

Luisa Fischer aus Stendal, Mutter der kleinen Charlotte, schätzt ein: „Ich habe mehr Ausdauer und mehr Kraft.“ Und sie bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel, der aus ihrer Sicht ein Pluspunkt für die Freiluft-Kurs ausmacht. „Man lernt andere Mütter kennen.“ Das gehöre zum Konzept von „Lauf, Mama, lauf“, erklärt Anja Neumann. „Die Gemeinschaft ist wichtig, der Austausch.“ Deshalb schließt sich an das Training ein gemeinsames Kaffeetrinken an, beispielsweise im Stendaler Café am Schwanenteich, am Tangermünder Hafen, bei einem Bäcker.

Doch bevor die Kaffeerunde eingeläutet wird, müssen sich die Mütter am Stadtsee noch strecken. Im Laufschritt. Die Kinderwagenparade setzt sich in Bewegung. Die jeweils Letzte schert aus der Reihe aus, überholt die anderen Muttis und setzt sich mit ihrem Kind an die Spitze.