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Sporthistorie Bei Hartje trafen sich die Turner

Die Gaststätte der Familie Hartje auf dem Grundstück Wüste Worth 18 hat zwei der ältesten Stendaler Sportstätten beheimatet.

Von Donald Lyko 09.07.2016, 03:00

Stendal l Wenn Jörg Hosang ins Erzählen kommt, ist er kaum zu stoppen. Kein Wunder, die Sportgeschichte seiner Heimatstadt begeistert ihn nicht nur, sie hat ihn regelrecht infiziert. „Und dabei bin ich wie die Jungfrau zum Kinde dazu gekommen“, sagt der Stendaler. Als Aktiver bei den Tischtennisfreunden Stendal und Mitglied im Tischtennis-Kreisvorstand spielte Sport zwar schon eine Rolle in seinem Leben, doch im Jahr 2011 kam die Sporthistorie hinzu. Als Ein-Euro-Jobber wurde er im Sportarchiv der Stadt beschäftigt.

„Erst habe ich gar nicht gewusst, was auf mich zukommt“, erinnert sich Jörg Hosang an die Anfänge. Mit einigen Informationen von Sport-Sachgebietsleiter Uwe Bliefert ausgerüstet, führten die ersten Wege ins Stadtarchiv. „Und je mehr ich gelesen habe, umso interessanter fand ich es“, sagt der Stendaler und bekennt: „Ich bin jetzt innerlich so angestachelt, dass ich nicht mehr ohne kann.“ Nicht allein wegen der vielen sportlichen Aspekte macht ihm die Geschichtsforschung Spaß, „sondern auch, weil man viel über die Stadtgeschichte erfährt“. Bei den Recherchen sind er und sein Sportarchiv-Mitstreiter Horst Paulus auf das Jahn-Denkmal gestoßen, für dessen Restaurierung und Umsetzung an einen anderen Platz sich beide seither mit Spendenaktionen, Auktionen und Öffentlichkeitsarbeit einsetzen.

Über das Denkmal und seine Geschichte hat Jörg Hosang eine kleine Abhandlung geschrieben, jetzt legt er mit der gut 40 Seiten umfassenden Schrift „Restauration Hartje – Die Geschichte als Sportstätte mit Turnhalle und Turnplatz von 1861 bis zum Zweiten Weltkrieg“ sein erstes umfassenderes Rechercheergebnis vor. „Die Leute sollen doch auch die Ergebnisse unserer Arbeit im Sportarchiv sehen“, erklärt der Autor. Vielleicht werde das Heft gegen eine kleine Spende – für das Jahn-Denkmal natürlich – an Interessenten abgegeben, doch die Modalitäten müssen noch abgestimmt werden. Geplant sei zudem, es öffentlich auszulegen. Ein Vortrag ist im Gespräch, in der Bibliothek oder im Stadtarchiv.

In der Schrift über die Gaststätte Hartje als Sportstätte, die später auch Stadt- und Landestheater war und an deren Stelle sich heute der Parkplatz Wüste Worth befindet, sieht Jörg Hosang den Anfang für eine umfangreiche Publikation über Stendals Sportgeschichte. „Zwischen 1815 und dem Zweiten Weltkrieg hatten wir in der Stadt 60 Sportvereine und insgesamt 61 Sportstätten, darunter zwölf Turn- und Sportplätze und zwölf Turnhallen und Plätze von Schulen“, berichtet Hosang. Die Badeanstalten oder TuS Siegfried 09 Wahrburg als ältester noch existierender Verein könnten als Nächstes zum Thema werden.

Im Stadtarchiv, in alten Zeitungsartikeln, in der Sporthochschule Köln, in den „Schatzkisten“ vieler Stendaler ist der Sporthistoriker bei seinen Recherchen fündig geworden – und wird es immer noch. Darum gibt es in der Hartje-Abhandlung einen Bilder-Suchaufruf zu diesem Thema. „Das Sammeln geht weiter, es ist keine abgeschlossene Arbeit.“ Denn Aufnahmen von damals sollen auch künftige Veröffentlichungen bereichern, ebenso wie Anekdoten. Die gibt es über die Restauration Hartje, wenn unterhaltsam über diverse Schauturnen, über Stiftungsfeste der Turnvereine, über die Beschwerden wegen mangelnder Heizung und Ausrüstung oder über Schülerstreiche berichtet wird.

Zu berichten gibt es noch vieles aus Stendals Sportgeschichte, und Jörg Hosang hat noch viel vor. „Der Arbeitstag könnte ein paar Stunden mehr haben“, sagt er.