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Stadtführung Überraschendes über die Zeit

Stendaler Studenten bieten eine alternative Stadtführung: Es sind "Zeit-Erkundungen". Die Teilnehmer erwartet Unerwartetes.

Von Nora Knappe 05.05.2018, 01:01

Stendal l Es sei gleich vorweg gesagt: Für diesen besonderen Stadtrundgang braucht man Zeit. Die gut zwei Stunden vergehen dann aber wie im Fluge, denn die alternative Stadtführung „Zeit-Erkundungen“ ist keine herkömmliche Daten-Fakten-Anekdoten-Tour. Was die Stendaler Studenten der Rehabilitationspsychologie da anbieten, ist vielmehr eine erstaunlich belebende Mischung aus Wissenswertem, Sich-Erinnern und Angeregtwerden.

Die Teilnehmer bekommen auf der Tour vom Marktplatz über Hoock, Rohrstraße, West- und Nordwall bis zu Hospiz und Hochschule in einer nonchalanten, wohlüberlegten Komposition so einiges interessantes Geschichtliches vermittelt, wie sich zum Beispiel die Uhr entwickelt hat; sie erfahren zugleich sehr persönliche Gedanken über Lebenspläne, Erwartungen, Ängste der Anfang Zwanzigjährigen und bekommen eine Fülle an Impulsen zum Nachdenken über gesellschaftliche Aspekte von Zeit, Zeitdruck, Endlichkeit.

Mitmachen dürfen und sollen die Teilnehmer, wenn es zum Beispiel darum geht, alte Spiele aus der Kindheit auf offener Straße zu reaktivieren: flugs zum Gummitwist aufgestellt oder mit Kreide den Himmel-und-Hölle-Kasten aufs Pflaster gemalt. Oder wenn es am Wall von der Startlinie „Willkommen im Berufsleben“ auf die ein oder andere Weise, die ein Zettel im Umschlag vorgibt, vorwärts geht. Kurze Skepsis, kurze Überwindung, dann bereitet es Vergnügen. Und man kommt miteinander ins Gespräch.

Anregung bieten dazu auch Plakate am Wegesrand mit Zitaten bekannter Persönlichkeiten ebenso wie von befragten Stendalern. Oder, ganz simpel, Begriffe, die uns heutige Menschen als gehetzte (oder sich selbst hetzende) Unmündige entlarven: „Powernapping, Fastfood, Speeddating, Coffee to go, Multitasking“. Schon beim Lesen fühlt man sich irgendwie unruhig. Zum Glück lässt sich die Gruppe davon nicht zur Eile animieren, sondern schlendert neugierig zum nächsten Punkt. Überraschend wird man aufgefordert, ein Stück Schokolade aus einem Korb zu nehmen – hier geht es um den bewussten Genuss. „Widerstehen Sie dem Drang, es sofort aufzufuttern, lassen Sie es auf der Zunge zergehen“, gibt es als Anleitung. „Möglichst bis zum Ende der Straße.“ Langsamkeit, Erwartung, sinnliches Auf-sich-wirken-Lassen...

Dass Zeit also, wenn man sie nicht nur oberflächlich als messbares Faktum betrachtet, sich in ungeahnt vielen Facetten unseres Lebens wiederfindet, ist auch so eine Erkenntnis dieses Rundgangs. Die Studenten haben mit feinem Gespür wichtige Fragen aufgetan. Die Antworten darauf aber muss jeder für sich selbst finden.

Wer sich auf die „Zeit-Erkundungen“ begeben möchte, hat noch zweimal die Möglichkeit: Sonntag, 6. Mai, 13.30 Uhr, oder Mittwoch, 9. Mai, 16 Uhr. Treffpunkt: Marktplatz. Die Teilnahme ist kostenlos, es wird möglichst um Anmeldung gebeten: Tel. 03931/21 87 46 36 oder per Mail an: info.stendal@hs-magdeburg.de