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Stendaler LichttageFarbenflirren auf Backstein

Ein Kunstprojekt erfüllt das abendliche Stendal derzeit mit faszinierenden Bildern. Die Lichttage berauschen und verstören zugleich.

Von Nora Knappe 22.10.2016, 01:01

Bei dem, was bei den 2. Stendaler Lichttagen gezeigt – oder vielmehr gezaubert – wird, erübrigen sich eigentlich alle Worte. Man muss es einfach sehen. Und dieses Sehen ist mehr als nur Hinschauen und Aufnehmen. Es ist Erleben.

Wer den abendlichen Spaziergang mit dem Gedanken ‚Da ist man ja schnell durch‘ beginnt, der irrt. Denn die Projektionen und Illuminationen, mit denen die Mauern der backsteinernen Gebäude von Tangermünder Tor, Pulverturm, Altmärkischem Museum, Katharinenkirche und Alstom förmlich überzogen und bekleidet werden, entwickeln eine wahre Anziehungskraft. Sie ziehen den Betrachter einfach in den Bann.

Wahrlich spektakulär zeigt sich das Alstom. Alles wirkt hier wie Kulisse – Loks und Werkzeuge wie arrangiert. Mal sind sie in blaues Licht getaucht, dann wechseln sich Grün, Orange und Pink ab. Mystisch und geisterhaft. Doch das Überwältigende kommt ja noch: Wer die 20-minütige Ton-Licht-Performance in der nächsten Werkhalle erlebt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier wird in Echtzeit ein grafisch-klangliches, sich immerfort variierendes Kunstwerk an Wände, Decke und Gerüste projiziert. Was mit Vogelzwitschern beginnt, geht in dumpf-stechende Technorhythmen über. („Licht-Pianist“ Kurt Laurenz Theinert tritt mit unterschiedlichen Musikern auf. Unser Eindruck stammt vom Donnerstag.)

Der Pulverturm wirkt mit den aus den Luken schießenden grellen Lichtsalven und der mystisch-psychedelisch anmutenden Musik leicht verstörend. Aber lässt anhalten und gibt Assoziationen Raum.

Am Tangermünder Tor erwartet einen eine Art visionärer Film, der den Turm in all seinen einzelnen Bau-Elementen in immer neuem Licht aufscheinen lässt, den Betrachter schließlich in einen Farbenstrudel reißt und bis in die Weiten des Alls mitzieht – dies alles begleitet von mal barock, mal dissonant wirkenden Klängen. Hier bleiben die Menschen stehen, der Schadewachten wird zum offenen Zuschauerraum.

Der angenehm ruhige Gegenpol zu diesen aufwühlenden Licht-Klang-Kreationen erwartet einen am Altmärkischen Museum. Tonlos teilen sich die Projektionen mit, die die Fassaden von Museum und Musikforum zu Schriftstücken werden lassen und davon erzählen, was Menschen mit ihrem Garten verbindet, mit dem Säen, Pflanzen, Ernten, Warten, Gespanntsein, Überraschtsein vom Wirken der Natur...

Die 2. Stendaler Lichttage finden nur noch am Sonnabend, 22. Oktober, statt: 19 bis 22 Uhr. Die Alstom-Performance ist nur mit Führung zu erleben: ab 19 Uhr halbstündlich (Verzögerungen möglich). Im Hotel "Schwarzer Adler" in Stendal findet ab 23 Uhr die Abschlussparty statt.