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Studium Weil Kita-Leitung kein Kinderspiel ist

Kindheitspädagogik steht in Stendal seit zehn Jahren auf akademischen Füßen. Es geht um die Professionalisierung in Kitas.

Von Nora Knappe 24.10.2019, 01:01

Stendal l Ein Bekenntnis der Autorin sei an den Beginn dieses Textes gestellt: Schade, dass es das Wort „Kindergarten“ irgendwie nicht so richtig geschafft hat. Statt sich dank dieser wunderbaren Metapher vorzustellen, wie Kinder eben in einem vielfältigen, bunten Garten umsorgt und vom kleinen, zarten Spross zu einer gesunden, prächtigen Pflanze herangezogen werden, müssen wir mit der „Kinder­tageseinrichtung“, der Kita, vorliebnehmen.

Doch an der Semantik wird es kaum liegen, dass der Beruf der, darf man das noch sagen: Kindergärtnerin?, jedenfalls des die jüngeren Kinder betreuenden pädagogischen Personals in Teilen der Gesellschaft nicht ganz ernst genommen wird. Dabei müssen Kitas nahezu Unglaubliches leisten – und prägen die Kinder doch entscheidend.

„Was in den letzten Jahren alles in die Kitas reingedrückt worden ist: Schulvorbereitung, Inklusion, digitale Bildung, Frühförderung und viele andere Aufgaben. Und sie sollen das alles so nebenbei machen.“ Thomas Kliche ist bemüht, seine Aufregung zu zügeln. Dabei ist der Anlass des Pressegespräches, zu dem er und seine Hochschulkollegin Frauke Mingerzahn vorige Woche eingeladen hatten, ja ein erfreulicher: 10 Jahre Kindheitspädagogik in Sachsen-Anhalt. Die beiden Professoren leiten die zwei an der Hochschule Magdeburg-Stendal gegründeten kindheitspädagogischen Studiengänge – deren Ziel es ist, eben die Arbeit in den Kitas zu professionalisieren, die dortigen Fachkräfte zu qualifizieren und Kitas zu einer interessanten Karrieremöglichkeit zu machen.

Zehn Jahre – da kann man ruhig mal innehalten, zurückschauen und sich des Erreichten bewusst werden. „Es ist aber kein Grund, uns auszuruhen“, betont Frauke Mingerzahn. „Der Fachkräftemangel in den Kitas wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, wir müssen zusehen, wer diese tausenden Fachkräfte wann und wie ausbildet.“ Die Stendaler Hochschule wird sich in diese Diskussion einmischen.

Die Dynamik der beiden Studiengänge jedenfalls scheint ungebändigt, wenn man die Erzählungen einiger der Protagonisten vernimmt. So ist Kornelia Krüger beim Pressetermin kurz vor dem Festakt zum zehnjährigen Bestehen noch ganz fasziniert von ihren Gesprächen mit ehemaligen Kommilitoninnen, mit Kolleginnen und Dozentinnen: „Man sieht, wie rege und wie viel in diesem Feld umgesetzt wird, wie viel Initiative und Engagement drinstecken. Hier in der Hochschule sind sie am Puls der Zeit.“

Diese Begeisterung bestätigt wohl aufs Beste die Richtigkeit des Weges, den die Hochschule Magdeburg-Stendal vor zehn Jahren mit der Etablierung der Kindheitspädagogik eingeschlagen hat. Eines Weges übrigens, den seit 2015/16 im grundständigen Bachelor-Studiengang 168 Anfänger genommen haben, während den berufsbegleitenden Studiengang zur Leitung von Kitas von 2009 bis heute 349 Interessenten belegt haben.

Eine von ihnen ist also Kornelia Krüger, die ihren Abschluss 2012 gemacht hat. Die 52-Jährige leitet die Kita „Wichtelhausen“ in Kossebau (Verbandsgemeinde Seehausen) und resümiert den zu ihrer eigentlichen Arbeit zusätzlichen Aufwand des Studiums schlichtweg überzeugt: „Es hat mir unwahrscheinlich viel gebracht, ich habe hier das Handwerkszeug bekommen, das ich brauche, weil die Anforderungen an Kita-Leitung enorm steigen und die Arbeit vielschichtiger denn je ist.“ Sicher, am Personalschlüssel vor Ort könne sie auch mit ihrem Studium nicht rütteln, aber: „Man kann Wind machen. Und wenn man kein Wissen hat, kann man nicht argumentieren.“ Auch die Träger gewännen dadurch zuweilen einen anderen Blick auf die Kitas.

Während Kornelia Krüger mitten aus dem Beruf kommend an der theoretischen Fundierung ihrer Tätigkeit arbeitet, stieg Michaela Völzke nach der Schule direkt ins Studium ein. Die 22-Jährige hat dieses Jahr ihren Bachelor gemacht, visiert nun einen Master in Leipzig an, um sich für Lehre und Weiterbildung zu qualifizieren. Aus Stendal nimmt sie nicht nur die „sehr familiäre Atmosphäre“ und die gute Vernetzung mit, sondern auch ihre Erfahrungen aus einem sehr hohen Praxis­anteil, der bereits mehr als eine Ahnung von Organisationsentwicklung und Personalmanagement vermittelt hat. „In den Praktika“, so Völzke, „habe ich letztlich meine Interessen für die Bachelor-Arbeit und meine weiteren Ziele gefunden.“