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Theater Nasenstarker Meister der Poesie

Die Premiere von „Cyrano“ war ein Erfolg. Auch aus meteorologischer Sicht. Es blieb trocken bei der Aufführung im Stendaler Gerberhof.

Von Birgit Tyllack 04.07.2016, 23:01

Stendal l Cyrano de Bergerac ist kein Schönling. Dafür sorgt die riesige Nase in seinem Gesicht. Aber er ist verwegen und ein guter Kämpfer. Gern nimmt er es mit hundert Mann auf. Außerdem ist er wortgewandt, ein wahrer Meister der Poesie.

Nur eines kann er nicht: Seiner Cousine Roxanne seine Liebe gestehen. Aus Furcht vor Ablehnung. Als sich Roxanne in den gutaussehenden Christian verknallt, leiht Cyrano seinem Regimentskollegen die Worte: Er schreibt Liebesbriefe in Christians Namen. Er plaudert im Schutz der Dunkelheit sogar mit der Angebeteten anstelle Christians. Dieser ist nämlich leider von etwas schlichterem Gemüt.

Cyranos Liebe zu Roxanne ist so groß, dass er ihr zum Glück verhelfen möchte, koste es, was es wolle. Er begnügt sich mit der Gewissheit, dass die schöne Cousine seine Liebesworte liest und in ihrem Herzen bewahrt.

Regisseur David Lenard hat für das Sommertheater im „Hoock“ die romantische Komödie von Edmond Rostand (in einer Bühnenfassung von Jo Roets und Greet Vissers) gewählt, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts spielt. In Lenards Inszenierung agieren nur drei Schauspieler auf der kleinen Bühne und auf dem Balkon des Gerberhofes.

In der Titelrolle: Volker Wackermann. Die Rolle des zynischen Haudegens scheint ihm auf den Leib geschneidert zu sein. Er schwingt ausdrucksstark große Worte und lässt Waffen klirren. Und doch ist er im nächsten Moment weich und romantisch. Immer dann, wenn es um die schöne Roxanne geht.

Simone Fulir spielt Roxanne. Ebenso die Gouvernante, den miserablen Schauspieler Montfleury und einen Soldaten. Fulir ist als Roxanne überzeugend, als Montfleury oder Gouvernante sehr komisch. Der dritte im Bunde, Tilmar Kuhn, muss ebenfalls etliche Rollen bewältigen: Zum einen ist er Christian. Außerdem der ekelhafte Comte de Guiche, der sächselnde Bäcker Ragueneau und einige mehr. Kuhn kann sein komödiantisches Talent in den verschiedenen Rollen ausreichend unter Beweis stellen.

Lenard untermalt den Wortwitz mit vielen Slapstick-Momenten. So sind die altbekannten Geräuschgags eingebaut, es wird mit Küchenmessern statt Degen gekämpft oder statt der Gegner Tauben erschossen. Bis zur Pause amüsiert sich das Publikum prächtig. Danach wird der Ton ein anderer. Denn hier gibt es bekanntlich kein Happy End. „Cyrano“ endet eigentlich tragisch: Als Roxanne erfährt, wer der wirkliche Verfasser der Briefe ist, also die Person, in die sie sich verliebt hat, ist es zu spät. Cyrano ist tödlich verletzt. Neben viel Heiterkeit, also auch etwas Melancholie in den 110 Minuten Aufführungsdauer.

Die Ausstattung stammt von Sofia Mazzoni, die Musik von Andreas Dziuk und die Choreografie von Kevin Foster. „Cyrano“ ist eine stimmige Inszenierung, die noch bis Mitte Juli im Gerberhof gesehen werden kann.

Nächste Aufführungen: Donnerstag, 7. Juli, Freitag, 8. Juli und Sonnabend, 9. Juli, jeweils um 20.30 Uhr im Gerberhof, Hoock 20, Stendal.