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Tradition Die Hanse lebt und wird gelebt

Im russischen Pskow wird der 39. Internationale Hansetag gefeiert - und die Altmark ist mittendrin.

Von Donald Lyko 29.06.2019, 19:06

Pskow l Die Altmark liegt zwar nicht zwischen den niedersächsischen Hansestädten Lüneburg, Alfeld und Gronau, für drei Tage ist dieser geografische Fakt aber zumindest im russischen Pskow aufgehoben. Denn zwischen genannten Nachbarn hat der Altmärkische Hansebund seinen Platz auf dem Hansemarkt gefunden. Und dort präsentieren sich die acht Mitgliedsstädte informierend, musizierend, handwerkernd und mit einem lautstarken „Ju-bel, Ju-bel, Ju-bel“. Diesen Ehrengruß bringen die fünf Mannen der Salzwedeler Stadtwache von 1480 aus, wenn sie über das Festgelände ziehen, wenn sie Stand für Stand ansteuern. Bewaffnet sind sie mit Tüten voller Informationsmaterial, denn ihr Einsatzbefehl ist klar formuliert: Die altmärkischen Hansestädte bekannt zu machen. Sich selbst muss die Salzwedeler Stadtwache den regelmäßigen Hansetagsbesuchern dagegen kaum noch vorstellen.

Ganz im Gegenteil: Ob beim Anstehen in einer Bank, bei der Ankunft im Hotel oder der Begegnung abends im Lokal, immer wieder heißt es zur Begrüßung von anderen Mitgliedern der Hansefamilie: „Ihr seid doch die mit dem ‚Jubel, Jubel‘“ oder „Ihr seid doch die Salzwedeler.“ Und weil immer sehr viel Wiedersehensfreude in diesen Worten mitklingt, darf eines festgehalten werden: Die Herren um Herold Manfred Preuß haben in den vergangenen Jahren ihre Werbe-Sache richtig gut gemacht. Und auch in diesem gehören sie zu den gefragtesten Akteuren, denn viele der Besucher wollen nur eines von ihnen: ein gemeinsames Foto mit den historisch Uniformierten.

Ein beliebtes Motiv ist natürlich wieder Detlef Preetz aus Osterburg, der mit seiner historischen Seilerei das russische Publikum schnell begeistert. Seit Jahren gehört er bei den Internationalen Hansetagen zu den Attraktionen im Hansedorf – denn die Chance, für sich selbst nach historischem Vorbild ein Seil zu drehen, wollen sich viele Festbesucher nicht entgehen lassen. Und weil aller guten Dinge auch bei den bewährten Akteuren drei sein dürfen, sind wie in den Vorjahren die Osterburger Blasmusikanten in kleiner Besetzung als musikalische Botschafter der Altmark in Pskow unterwegs. Nach einem Auftaktauftritt im heimischen Informationszelt ging es gestern auf Tour über das Festgelände, auf dem sich knapp 90 europäische Hansestädte mit viel Kultur präsentieren.

Am Donnerstagnachmittag konnten sich die Osterburger Musiker aber noch nach hinten lehnen und selbst Musik vom Feinsten genießen – dargeboten von einem riesigen Kinder-Gemeinschaftschor, Orchester und Spitzensolisten während der Eröffnungszeremonie des 39. Internationalen Hansetages. Gefeiert wurde die im Kreml, der alten Festung von Pskow. Gestern Vormittag ging es nach der Eröffnung des Hansemarktes dann auch für die altmärkischen Mitwirkenden so richtig los. Bianca Meinicke, Ingrid Bahß und Helga Kirstein aus Werben bezogen das Zelt der Altmärkischen Hansebundes, um in historischen Kostümen Werbematerial an die Frau und den Mann zu bringen, Kinder zum Ausmalen altmärkischer Sehenswürdigkeiten einzuladen oder einfach nur über die Hansestädte im Norden Sachsen-Anhalts zu berichten. „Die Leute sind wirklich interessiert. Und was gibt es für uns Schöneres, als über unsere Heimatstadt zu erzählen“, freut sich Ingrid Bahß über das große Interesse. Groß ist auch ihr eigenes Interesse am Geschehen, das die Fotografin mit ihrer Kamera festhält. Dass daraus später eine kleine Ausstellung wird, kann sie sich gut vorstellen. Auch, weil sie die Werbener noch mehr für die Hanse allgemein und die eigene Hansegeschichte begeistern will.

Diese Tradition, Geschichte und seit Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit der acht Hansestädte möchte der Landkreis Stendal gern mehr als bisher für seine touristische Werbung nutzen. Darum hat sich Denis Gruber (SPD), 1. Beigeordneter des Stendaler Landrates, der 30 Personen starken Gruppe angeschlossen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie lebendig die Hanse ist und wie viel Potenzial darin steckt. An den Ständen der anderen Hansestädte achtet er auf eines besonders: deren Broschüren und Flyer. „Für unseren Landkreis fehlt es an englischsprachigem Material, da müssen wir etwas tun“, so Gruber, der die ausländischen Partnerschaften des Landkreises betreut.

Was er bei seinen Altmärkern sieht, dürfte ihn sehr freuen. Denn mit dem Gesamtpaket aus Information, historischem Seilerhandwerk zum Zuschauen und Mitmachen, der Stadtgarde in historischen Kostümen, regionaler Musikgruppe und Malangebot für Kinder – in dieser Vielseitigkeit und Fülle präsentieren sich nur wenige Hansestädte oder eine Region - liegen sie ganz weit vorn und sind immer von einer Besucherschar umgeben.

Während das Hansedorf heute Vormittag in den zweiten Tag startet, tritt die Hanseversammlung zusammen – einer der offiziellen Termine für die Vertreter der Hansestädte. An der Versammlung, die unter anderem über die Aufnahme Hannovers in die Hanse der Neuzeit beschließen will, nehmen Matthias Neumann für Stendal, Detlef Kränzel für Osterburg und Jochen Hufschmidt für Werben teil. Am Abend gibt es für die rund 2500 Mitwirkenden und Helfer eine große Party, bevor der 39. Internationale Hansetag in Pskow am Sonntag mit einem Festumzug und einer Abschlussveranstaltung ausklingt. Dann wird der Staffelstab an die Hansestadt Brilon im Sauerland weitergereicht.