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Trump-Analyse Vom Fernsehschirm ins Weiße Haus

Donald Trump war Teil der Stendaler Filmkunsttage. In einem Film-Vortrag ging es um seine Selbstinszenierung.

Von Thomas Pusch 22.10.2017, 01:01

Stendal l Bevor er amerikanischer Präsident wurde, hat Ronald Reagan in 80 Spielfilmen mitgewirkt. Das ist nicht besonders verwunderlich, schließlich war Reagan als Schauspieler tätig. Aber auch der aktuelle Präsident Donald Trump flimmerte einige Male über die Leinwand, bevor er ins Weiße Haus einzog. Laut Filmdatenbank IMDB war er in 25 Filmen und Fernsehserien zu sehen. Fast ein Drittel von Reagans Bilanz – zwar nie in tragenden Rollen, zumeist nur in Gastauftritten als er selbst, aber immerhin.

Das dachte sich auch Filmwissenschaftler Urs Spürri und komponierte den Vortrag „Donald Trump, der Schauspieler“, mit dem er derzeit in ganz Deutschland unterwegs ist und am Donnerstagabend im Rahmen der Filmkunsttage in Stendal Station machte.

2000 hatte er erstmals einen amerikanischen Wahlkampf näher betrachtet, damals trat der Republikaner George W. Bush gegen den Demokraten Al Gore an. Im vergangenen Jahr fiel ihm Trump auf, fielen ihm die zahlreichen Auftritte, die er von ihm schon gesehen hatte, ein. „Und mir war klar, als er Kandidat der Republikaner wurde, dass er die Wahl gewinnen wird, darauf habe ich auch mit Freunden gewettet“, erzählte er im Gespräch mit der Volksstimme. Er würde sogar bei einer zweiten Kandidatur wieder auf Trump setzen, doch dazu werde es wohl nicht kommen, „ich glaube, der will dann lieber wieder golfen gehen“.

1980 hatte Trump einen ersten, noch unbedeutenden Auftritt. 1987 hingegen war ein bedeutendes Jahr, er gab den Ratgeber „The Art of the Deal“ (Die Kunst des Coups) heraus, der zum Verkaufsschlager wurde und 44 Wochen in der Bestseller-Liste der renommierten New York Times stand. Mit Politik hatte der Top-Manager zu jener Zeit noch nichts am Hut, zumindest antwortete er in der wohl berühmtesten Talkshow der Welt bei Larry King auf die Frage, ob er amerikanischer Präsident werden wolle, mit „Nein“.

30 Jahre und einige Auftritte später sitzt er im Oval Office. „Drei Jahrzehnte lang hat er sich als Kunstfigur inszeniert, die dann gewählt wurde“, analysierte Spörri im Saal 2 des Uppstall-Kinos. In einem Zusammenschnitt wurden Szenen aus den Serien „Der Prinz von Bel-Air“ und „Sex and the City“ gezeigt. Im „Prinzen“ bedankt sich eine junge Frau bei Trump zynisch dafür, dass er ihr Leben ruiniere. „Jeder gibt mir für alles die Schuld“, antwortet der lakonisch. In „Sex“ wird er zu einer Ikone New Yorks erhoben. „Samantha (eine der Hauptdarstellerinnen; d. Red.), ein Cosmopolitan und Donald Trump, mehr New York geht nicht“, sagt die Erzählstimme.

„Ohne Trump hätte es manche Figuren in Film und Fernsehen gar nicht gegeben“, behauptete Spörri und belegte dies sogleich mit weiteren Ausschnitten. Der superreiche, leicht abgedrehte „bombastische Biff“ aus dem zweiten Teil von „Zurück in die Zukunft“ hat definitiv Trumpsche Züge und die Sesamstraßen-Figur Donald Grump ist ein Griesgram wie Oskar aus der Mülltonne, aber in seiner Tonne ist mehr Müll als bei jedem anderen Griesgram der Welt.

In der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ hatte Trump mehrmals Auftritte. Einen sehr bemerkenswerten zeigte Spörri mit einer Folge aus dem Jahr 2001, in der Bart in die Zukunft blickt und seine Schwester Lisa amerikanische Präsidentin wird – als Nachfolgerin von Donald Trump.

Durchaus zeige Trump auch bei den kurzen Auftritten etwas von sich selbst. Für seinen Auftritt in dem Film „Mein Geist will immer nur das Eine“ mit Anthony Quinn und Bo Derek hat er sogar die Goldene Himbeere als schlechtester Nebendarsteller bekommen. In einer Szene sagt Derek zu ihm: „Sie sind zu gutaussehend, um böse zu sein“ und entwaffnet ihn damit am Verhandlungstisch. „Trump ist eitel, darauf sollten sich die Politiker, die mit ihm verhandeln, einstellen“, riet Spörri.

Ganz und gar keine Rücksicht auf die Eitelkeit des Präsidenten nimmt Hollywood, das Trump in der Mehrheit feindlich gesinnt ist. In einem Ausschnitt beschimpft Robert De Niro Trump vor dessen Wahl unter anderem als Idioten, dem er gerne ins Gesicht schlagen würde. Meryl Streep zeigte sich bei ihrer Rede zur Golden-Globe-Verleihung entsetzt darüber, wie Trump einen behinderten Reporter nachgeäfft hat. Die Retourkutsche: Trump bezeichnete sie auf Twitter als überbewertetste Schauspielerin. Streep ist mit 20 Oscar-Nominierungen einsame Rekordhalterin. Dreimal bekam sie außerdem den Academy-Award.

Zum Abschluss zeigte Spörri noch eine Trump-Satire. Talkshow-Gastgeber Jimmy Fallon trifft sich als Trump zurechtgemacht mit dem damaligen Kandidaten in der Garderobe des Senders. Vor dem Gespräch mit diesem Leichtgewicht Fallon solle Trump doch ein Interview mit sich selbst machen, schlägt Fallon vor. „Ein Interview mit mir selbst“, entgegnet Trump, „das ist eine hervorragende Idee von uns.“