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Überlebenskampf Finanz-Chaos im Wildpark in Weißewarte

Tierparks im Vergleich: Seit ein Betreiberverein den Wildpark in Weißewarte übernommen hat, fließt kein zugesagtes kommunales Geld.

Von Birgit Schulze 05.08.2020, 09:00

Weißewarte l Rund 400 Tiere in 50 Arten (einige sind in den vergangenen Wochen bereits neu dazugekommen) leben im Wildpark in Weißewarte. Damit kann sich die Anlage vom Tierbestand durchaus mit dem Stendaler Tiergarten oder ein wenig auch mit dem Dessauer Tierpark vergleichen. Die Leiter der beiden Einrichtungen hatten 2019, als es um die Neuausrichtung des Wildparkes ging, Unterstützung angeboten.

Der Stendaler Tiergarten ist rund sechs Hektar groß, der in Dessau elf Hektar, und in Weißewarte sind es 15 Hektar, die es zu bewirtschaften gilt. Im Tiergarten in Stendal lebten derzeit 387 Tiere in 76 Tierarten, so teilt es die Pressestelle der Stadt auf Volksstimme-Anfrage mit. In Dessau seien es 550 Tiere in 110 Arten, heißt es aus der Stadt Dessau-Roßlau.

Was die Mitarbeiter im Wildpark in Weißewarte leisten, lässt sich auch aus der Mitarbeiter-Statistik erkennen: Während in Dessau 33 Mitarbeiter (inklusive Bundesfreiwilligendienst, Ehrenamt und Fremdpersonal Kasse) beschäftigt werden, sind es in Stendal 13 Mitarbeiter, darunter sechs Tierpfleger, zwei Handwerker, ein Kraftfahrer, zwei Kassenmitarbeiterinnen, ein Sachbearbeiter und ein Leiter. Im Wildpark Weißewarte sind fünf Angestellte beschäftigt, darunter zwei Tierpfleger. Hinzu kommt lose ehrenamtliches Engagement.

Richtig spannend aber wird es bei den Kosten der beliebten Freizeitanlagen: Während in Stendal in den zurückliegenden Jahren bis 2018 zwischen 600.000 Euro und 750.000 Euro an Defiziten durch die Stadt ausgeglichen werden musste (Einnahmen aus Eintrittsgeldern in Höhe von rund 110.000 Euro pro Jahr sind bereits abgerechnet), sind es in Dessau rund eine Million Euro pro Jahr, die von der Kommune als Zuschuss geleistet werden.

In Weißewarte sind derzeit 100.000 Euro als Zuschuss der Kommune für 2020 eingeplant, aber aus formalen Gründen noch immer nicht gezahlt worden. Es fehlt noch immer eine Zoogenehmigung durch die untere Naturschutzbehörde (Volksstimme berichtete). Der neue Betreiberverein plant bisher mit knapp 300.000 Euro an Kosten pro Jahr, die auch aus Eintrittsgeldern, Gebühren aus Märkten und Veranstaltungen, einem Zuschuss des Fördervereins und eben den 100.000 Euro der Kommune bestritten werden sollten.

In den vergangenen Jahren wurden für den Wildpark jährlich rund 100.000 Euro im Haushalt eingeplant, 2016 brauchte die Einrichtung laut Konzept des Fördervereins nur gut 20.000 Euro. 2019 waren bereits 130.000 Euro eingeplant, wobei zusätzliche leihweise engagierte Tierpfleger finanziert werden mussten.

Bei den Besucherzahlen kann Weißewarte allerdings nicht ganz mit den städtischen Anlagen mithalten: Zwischen 64.000 und 73.000 Besucher waren es in Stendal in den vergangenen Jahren. In Dessau sind es im Schnitt 120.000 Besucher pro Jahr. Im Wildpark Weißewarte wurden in den vergangenen Jahren zwischen 20.000 und 36.000 Besucher pro Jahr gezählt.

Einen Großteil der Einnahmen und Besucherzahlen machen nicht nur in Weißewarte besondere Feste und Veranstaltungen aus. Das aber war in diesem Jahr durch Corona besonders schwer. Normalerweise gibt es mindestens vier Flohmärkte pro Jahr, Frühlingsfest, Osterfest, den Fahrradgottesdienst zu Himmelfahrt, das Kinderfest am 1. Juni, das Lichterfest im Herbst und das Nikolausfest in der Adventszeit. Außerdem waren neu vorgesehen ein Spieleabend in den Mai, ein Filmabend unter freiem Himmel, ein Nachtflohmarkt und ein Zuckertütenfest, ein Kürbisfest, ein Hirschfest und ein Schlachtefest zum Jahresende. Nicht alles konnte wegen der Coronabeschränkungen stattfinden, Ideen aber hat der neue Betreiberverein viele.

In Dessau wird mit zehn festen Veranstaltungen pro Jahr geplant: Es gibt eine Neujahrsführung im Januar, die Valentinstagsführung und die Aktion „Nachts im Tierpark“ im Februar, außerdem ein Osterfest, im Juni ein Tierparkfest und eine Operngala vor dem Mausoleum, ein Sommerkino in den Sommerferien, einen Herbstmarkt und „Nachts im Tierpark“ im Oktober sowie einen „tierischen Adventsmarkt“ im November oder Dezember.

In Stendal finden folgende jährlich wiederkehrende Veranstaltungen statt: das Osterfest am Ostersonntag, ein Tiergartenfest am 1. oder 2. Sonntag im Mai, ein Herbstfest am 1. oder 2. Sonntag im Oktober und der Patentag Mitte Oktober.

Und auch die Versorgung der Gäste spielt eine Rolle. In Dessau gibt es ein Restaurant am/im Tierpark und auch in Weißewarte wird der wieder hergerichtete Imbiss vom neuen Betreiberverein seit der Coronaschließung wieder bewirtschaftet. In Stendal gibt es derzeit keinen Imbiss im Tierpark, der seit Jahren diskutierte Neubau eines solchen wurde aber 2020 in den Haushalt der Kommune aufgenommen.