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Umsonstladen Verwenden statt verschwenden

In Stendal wird der erste Umsonstladen für Bedürftige eröffnet. Träger ist die Chausseehaus-Gesellschaft, deren Chefin die Idee hatte.

Von Regina Urbat 01.08.2019, 05:00

Stendal l Im ganzen Haus ist die Aufregung zu spüren. Ob Mitarbeiter oder Heimbewohner der gemeinnützigen Chausseehaus-Gesellschaft, alle fiebern mit der Chefin Elke Klaus mit - und unterstützen sie bis zuletzt.

Im Leben der 53-jährigen Unternehmerin ist der 1. August 2019 etwas Besonderes. Pünktlich um 17 Uhr eröffnet sie gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfern den ersten Umsonstladen in Stendal, am Firmensitz Alter Ziegeleiweg 7. Verschenken und abgeben statt wegwerfen und so bedürftigen jungen wie älteren Menschen, denen es finanziell nicht gut geht, eine Freude bereiten. „Das ist das simple Prinzip, das hinter dem Laden steckt“, sagt Elke Klaus. Sie zähle sich selbst zu jenen Menschen, die dankbar sind für das, was sie haben und gerne abgeben. „Verschenken macht glücklich“, sagt sie mit fester Überzeugung.

Seit der Gründung der Chausseehaus gGmbH 1998 engagiert sich Elke Klaus für das Wohl von Mitmenschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen beziehungsweise Erkrankungen. Deshalb sei es ihr schon von Berufs wegen nicht fremd zu geben. Vor gut einem halben Jahr habe sie überlegt: „Was kann und will ich noch Gutes tun.“ Dabei sei die Idee entstanden, einen Umsonstladen, von dem sie bereits gehört hatte, in der Hansestadt zu eröffnen. Als Ergänzung zum bereits bestehenden Sozialkaufhaus, wie sie sagt. Auch wolle sie keine Konkurrenz zur Tafel und habe Lebensmittel bewusst außen vor gelassen.

Ihrem ausgearbeiteten Konzept folgte ein erster Test. „Ich habe meine Kollegen gebeten, etwas aus ihrem Haushalt mitzubringen, was sie nicht mehr benötigen beziehungsweise, worauf sie verzichten können“, erinnert sich Elke Klaus und fügt schmunzelnd hinzu: „Sie haben zuerst an Schrottwichteln oder ähnliches gedacht.“ Die Skepsis wich schnell, auf Anhieb seien die Mitarbeiter von der Idee angetan gewesen. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis habe die Geschäftsfrau Sympathie erlebt und fand Mitstreiter, die wie sie davon überzeugt sind, dass der Umsonstladen „eine tolle Sache“ sei.

„Nun sind wir total gespannt, wie es anläuft, wie der Laden überhaupt angenommen wird.“ Auch wenn noch nicht alles bis ins feinste Detail durchexerziert sei, für die engagierte Stendalerin stehe fest: Erst einmal anfangen und loslegen und nicht warten, bis alles perfekt ist, um loszulegen. „Der Weg legt sich den gehenden unter die Füße“, sagt sie und fügt hinzu, dass sie sich freue, mit einem symbolischen Scherenschnitt den Weg zu den Ladenräumen frei zu geben.

Herzlich willkommen sind Einkäufer mit einem Nachweis der sozialen Bedürftigkeit wie dem Hilfsbescheid für ALG II, Grundsicherung oder ähnlichem. Doch ganz umsonst kann niemand einkaufen. „Um die Gemeinnützigkeit unserer Gesellschaft nicht aufs Spiel zu setzen, dürfen wir nichts verschenken“, begründet Elke Klaus. Deshalb werde eine Nutzungsgebühr von fünf Euro kassiert. Dafür können die Bedürftigen dann einen Monat lang mitnehmen, was sie benötigen. Ob Kleidung für sich und ihre Kinder, ob Geschirr, Gläser, Töpfe, Elektrogeräte, Haushaltswäsche, Spielzeug, Dekoration, Lampen, Kleinmöbel bis hin zu Bücher.

All die Gegenstände, die in zwei Räumen übersichtlich sortiert und präsentiert werden, sind in den letzten Wochen aus dem Umfeld von Elke Klaus gespendet worden. Das sei auch weiter möglich, sagt sie und sieht in dem weiteren Verwenden von Gebrauchtgegenständen einen Beitrag für Nachhaltigkeit. Den Gedanken des Gebens möchte die Unternehmerin noch ausweiten. „Unsere Bewohner können im Laden mit helfen und Nutzern wie Spendern Kaffee und Kuchen anbieten.“ Eine kleine Sitzecke ist dafür bereits eingerichtet.