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Aus dem Gericht Ohne Fahrerlaubnis gegen Bäume

Ein 33-Jähriger ist vom Amtsgericht Stendal wegen Unfallflucht und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Von Wolfgang Biermann 23.06.2017, 14:53

Stendal l Fahrerflucht, weil er zum wiederholten Mal ohne Fahrerlaubnis unterwegs war und einen Unfall baute oder Suizidversuch eines psychisch labilen Mannes aus dem Norden des Landkreises Stendal? Darum ging es unlängst am Amtsgericht Stendal. Sechs Monate Gefängnis, für zwei Jahre ausgesetzt zur Bewährung, lautete am Ende das Urteil. Dazu sprach das Gericht eine einjährige Sperre zur möglichen Wiedererlangung der Fahrerlaubnis gegen den Mann aus.

Nein, Selbstmord hätte er nicht vorgehabt, als er am späten Abend des 23. Dezember vorigen Jahres auf der Landesstraße 12 gegen zwei Straßenbäume prallte, gab der mehrfach vorbestrafte 33-Jährige im Prozess an. Erst im November war er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er sei vom Unfall benommen gewesen und sei „stundenlang verletzt durch den Wald geirrt“. Die Polizei hätte er nicht rufen können, weil sein Handy-Akku leer gewesen sei und die Straße um die Zeit äußerst selten befahren werde.

„Da haben Sie aber Glück gehabt, dass Sie da lebend aus dem Auto rausgekommen sind“, befand Richter Reiner Mählenhoff nach dem Betrachten der Fotos von dem verunglückten Audi A4. Der 43-Jährige hatte sich bei dem Baum-Crash lediglich einen Zeh gebrochen. Am Auto entstand hingegen Totalschaden. Den Schaden an den beiden Bäumen bezifferte die Straßenbaubehörde des Landes mit insgesamt 127 Euro.

„Warum hat man ein Auto, wenn man keine Fahrerlaubnis besitzt?“, wollte Richter Mählenhoff wissen. Und: „Warum geht man so ein Risiko ein?“ Antworten gab es dazu keine von dem Vater von zwei Kindern. Mit keiner der beiden Kindesmütter lebt er zusammen. Er führt nach eigenen Angaben eher ein Einsiedlerleben, war monatelang in psychiatrischer Behandlung und hat 20 000 Euro Schulden, überwiegend beim Jugendamt als Unterhaltsschuldner für die beiden Kinder.

„Sie müssen unter die Leute, suchen Sie sich eine Arbeit oder ein Hobby im Verein“, forderte Richter Mählenhoff, den Angeklagten auf. Er müsse sich „aus dem Tal wieder nach oben bringen“. Das Urteil, mit dem das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt war, nannte der Richter „mehr ein Geschenk als Bestrafung“.

Auf die Anordnung der von der Staatsanwaltschaft geforderten Zahlung von 300 Euro als Bewährungsauflage, hatte das Gericht im Urteil verzichtet. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an, auch die Staatsanwältin verzichtete auf das Einlegen von Rechtsmitteln.